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Seltsame Seelenkontakte.
Von Josef Dürr.
Seele, wo schweifest du,
Äther beschwingt,
Das All entlang
Durch Tiefen und Höh'n?
Was sind Fernen, was sind Weiten für der Seele traumhaft Gleiten?
— Nichts als vager Schein!
Es wird wohl kaum noch ein Okkultist zu finden sein, der noch nie
etwas von Barton Stay gehört hätte. Wer seine experimentellen Erfahrungen
im kleinen, aber sehr inhaltsreichen „Seelentelegraph"1) gelesen
hat, und dem auch nur einige Tröpfchen faustisches Blut durch die Adern
rollen, den hat es mit mächtigem Impuls erfaßt und zu eigenem Erleben
angespornt. Der hat auch offene Sinne für den nur allzu realen Kern!
der Telepathie und kann fast täglich irgend eine Phase von Gedankenübertragung
beobachten und miterleben. Er kann, ohne nur im geringsten
an Telepathie zu denken, sehr oft bemerken, wie Gedanken von einer
Seele zur anderen überspringen.
Hier spricht einer aus, was der andere soeben dachte; dort führt
einer aus, was der andere in unbewußtem Befehl getan haben wollte u.s.L
Die Beziehungen in seelischem Einssein zweier Liebender, die geistigen
Strömungen, welche einer Zeit ihr besonderes Gepräge geben, die Massenpsychosen
, all dies beruht zum größten Teil auf Telepathie. Jede Form
einer geistigen Strömung, welche die Masse begeistert und deren Gedanken
- und Gefühlsrichtungen bestimmt, ist geistige Ansteckung und
mit Gedankenübertragung identisch. Die Gedankenübertragung kann heute
niemand mehr ernstlich leugnen. Freilich erklärt man immer noch gerne
manche Form einer telepathischen Erscheinung für Zufall und Suggestion.
Das sind die Lieblingsausdrücke des konsequenten Materialisten. Nun>
es gibt keinen Zufall — einer jeden Äußerung liegt irgend eine Ursache
zugrunde.
Wenn wir den Begriff Suggestion näher untersuchen, so finden wir,
daß auch die Suggestion gewissermaßen eine Gedanken- resp. Willensübertragung
darstellt. Eine Suggestion hat immer die Gedanken- und
Willenskraft des Erzeugers zar Grundlage. Unsere Gedanken drücken
nicht nur eine bloße Nervenschwingung aus und sind nicht allein auf
unser Gehirn mit unserer engen Gehirnschale beschränkt, sondern sie
l) „Der Seelentelegraph oder Die Kraft, seinen Willen auf andere Personen
sowohl m der Nähe als auch in größter Feme ohne sichtbare Hilfsmittel zu übertragen
." Eine Anweisung, beliebig in Verkehr mit Personen zu treten und jedermann
für seine Wünsche, Neigungen und Meinungen zu bestimmen. Brosen.
80 Pfg., Verlag Max Altmann, Leipzig.
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