Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
21.1927/28
Seite: 150
(PDF, 130 MB)
Bibliographische Information
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1927/0154
Brot (Matth. 5) sich ohne weiteres nicht auf unser heutiges Leben
übertragen lassen, aber wir werden sie verstehen, wenn wir sie vom
Standpunkte jener Naivetät deuten, die auch hier vorhanden ist:
Christus lebte eben in so enger Gemeinschaft mit dem Ewigen, daß
er der Sorge um das tägliche Brot enthoben war. Wir können z. B.
annehmen, daß ein bloßer Wunsch von ihm um gastliche Aufnahme
genügte, um bei anderen die betr. Handlung auszulösen. Auch die
Worte über Gebetserhörung und Sündenvergebung lassen sich ähnlich
deuten, indem sie die engste Gemeinschaft mit dem Weltgrund voraussetzen
: Christus setzt das ohne weiteres (ebenso wie die Wirkung
des Glaubens, der Berge versetzen könne) auch bei anderen voraus,
denen an sich diese Kraft nicht eigen war; erst durch das Pfingst-
wunder wird nach urchristlicher Auffassung sein Geist auch anderen
zuteil, die nun gleich ihrem Meister Kranke heilen. Tote erwecken usw.
So zeigt die ganze spätere Entwicklung des Christentums jenes Auseinanderstreben
von Ideal und Wirklichkeit von dem berühmten
Wort des Apostels Paulus über die Unzulänglichkeit des menschlichen
Willens (das Gute, das ich will.. . .) bis zu den schweren Seelenkämpfen
mittelalterlicher Heiliger, wie der heiligen Therese, bei der
an Stelle des Glaubens eine bis ins einzelne geschilderte Überwindung
der verschiedenen Stufen auf dem Wege zur Gottheit vorhanden
ist. Auch die heilige Therese besaß eben an sich noch nicht dasjenige,
was Christus eigen war und was er ohne weiteres auch bei anderen
voraussetzt.

In unserer Zeit des religiösen Suchens und der religiösen Erneuerung
hat sich auch die Literatur mit diesen Problemen beschäftigt
und in ihren auf das Expressionistische ausgehenden Tendenzen
wiederholt okkulte Motive herangezogen. Ich erinnere nur an zwei
Werke dieser Art: den Roman von Kellermann: „Der Tor" und die
Tragikomödie von Rehfisch: „Wer weint um Juckenack?" bei der man
wohl eher alles andere als okkulte Motive vermuten möchte. Aber
der Autor weist selbst in diese Richtung, wenn er von einer „mystischen
Wohltätigkeit" des Helden spricht: Der Obersekretär Juckenack
war infolge einer „Herzattacke" beinahe an die Pforte des Jenseits gelangt
und kehrt nun mit dem Bewußtsein ins Diesseits zurück, daß
er drüben nicht eher Aufnahme finden könne, bis er wenigstens einen
Menschen hinterlasse, der ihm im Tode nachtraure. Er gibt sich infolgedessen
in einer wahllosen Wohltätigkeit aus, bei der jene Naivetät
nur zu deutlich hervortritt, bis er schließlich im Konflikt mit den
Staatsgesetzen und denen, die er sich zunächststehend glaubte, zu
Grunde geht. In dem Buche von Kellermann ist es der Vikar Grau,
dessen Mitgefühl mit allen Kreaturen sich fast ins Sensible auswächst,


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