Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
21.1927/28
Seite: 236
(PDF, 130 MB)
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mit ihm, der kein Französisch konnte, gesprochen habe, und er antwortete: „Für
mein Gefühl war es englisch. Es war wie das Berühren einer Taste. Er schlug
wahrscheinlich französisch an, und meinem Ohr klang es englisch." „Ich bin so
trunken von geistigen Visionen," schreibt er einmal, „wenn immer ich eine Feder
oder meinen Grabstichel zur Hand nehme." Der Geist tritt zu ihm und befiehlt:
„Blake, sei ein Künstler!" Und er gehorcht folgsam, schreibt auf, was ihm der Geist
diktiert. „Es ist ganz zweifellos, daß ich nicht leben könnte, ohne meine Pflicht zu
tun, die himmlischen Schätze zu offenbaren."

Nur ein kleiner Teil seiner V/erke ist erhalten: einige Gedichtbücher, aus
denen ein paar unschuldsvoll melodische Kinderlieder allen englisch Sprechenden
lieb und vertraut sind, eine Reihe von prophetischen Offenbarungen, von Zeichnungen
umrahmt, dann Radierungen, Holzschnitte, Blakes Kunst erstrebt das Ideal
des Gesamtkunstwerkes, wie es die Romantik ahnte. Die Gestalten seiner Bilder
gewinnen erst volles Leben durch die Kraft seiner Worte, und ein starkes musikalisches
Element verleiht dem Ganzen die feierlich großartige Stimmung. Diese
Gesänge, einheitlich geschrieben, ausgemalt, gedruckt und gestaltet, wie die Schöpfungen
eines mittelalterlichen Mönches, erscheinen zunächst wie Trümmer von
Werken einer sagenhaften Vorzeit, wie Phantasien eines jugendlichen Volkes, verwehte
Klänge aus fernen Ewigkeiten, Erst allmählich lichtete sich das chaotische
Dunkel von Flammen und Wassern, Schatten und Wundern, und wir blicken in eine
vieldeutige, aber doch wohlgeordnete Welt, die unter groß geschauten Symbolen,
Bildern und Szenen die mächtigsten Leidenschaften, Antriebe, und Gedanken des
Daseins in ihrer ewigen Wiederkunft, ihrem letzten Grundgehalt darstellt. Seine
Riesen und Götter, seine Jünglinge und Mädchen, seine Märchenlandschaften sind
Stadien im Entwicklungsgang der Menschheit, Zustände der Seele, wie sie den Einzelnen
und die Völker überfallen, Stimmungen von Trauer und Lust, wie sie jedes
Herz erfüllen. Seine Dichtung will „die ewigen Welten auftun, das unsterbliche
Auge des Menschen nach innen zu seinen eigenen Gedankenwelten öffnen."

(Fritz Langner,)

Der Hellseher im Kerker. Nach 46 jähriger Kerkerhaft, so wird ^ns aus Rom
berichtet, ist jetzt der Landmann Alexandro Saraclei aus dem Gefängnis entlassen
worden, ein Mann, dessen Lebensroman die gesamte italienische Öffentlichkeit in
höchstem Maße beschäftigt. 1880 wurde der junge Bauer zum Tode verurteilt, weil
er unter dem Verdachte stand, einen Wanderer auf nächtlicher Landstraße ermordet
zu haben. Die Strafe wurde später in lebenslängliches Zuchthaus umgewandelt.

Schon der Prozeß erregte Sensation, denn der Angeklagte beteuerte unaufhörlich
seine Unschuld. Auch im Kerker versuchte er immer wieder eine Revision
des Urteils zu erlangen. Seine Bemühungen waren vergebens. Nach dreißig Jahren
Haft vollzog sich in dem Gebahren des Sträflings eine Wandlung; er ging wie im
Traume einher und hatte ofimals Halluzinationen. Eines Nachts hörten ihn die
Wächter in der Zelle laut schreien. Am nächsten Morgen erzählte er, er habe im
Traum den König gesehen, auf den bei einer Prozession im Rom ein Mordanschlag
verübt wurde. Ein Mann habe sich aus der Menge gedrängt und dreimal
nach dem Herrscher geschossen.

Der Traum des Sträflings wurde dem Polizeichef in Rom berichtet, der umfassende
Sicherheitsmaßnahmen anordnete. Nur diesen ist es zu verdanken, daß
König Viktor Emanuel mit dem Leben davonkam, als er am gleichen Morgen, gelegentlich
einer Prozession, von einem Mann, der sich aber nicht nahe genug an ihn herandrängen
konnte, dreimal angeschossen wurde. Der König ordnete nun eine Revision
des Urteils im Falle Saraclei an. Das Verfahren zog sich außerordentlich in die


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