Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
22.1928/29
Seite: 570
(PDF, 142 MB)
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sowohl als bei den Bewohnern der Südseeinseln dasselbe bedeutet,
was er den Alten war, Vogel der Friedens und des Glücks, Bändiger
der Stürme und des Meeres, und so mehrere Tiere, von deren
einigen nachher die Rede sein wird. Auch die künstliche Blumen-
sprache, die besonders in den Morgenländern zu Hause ist, scheint
wenigstens von der Voraussetzung auszugehen, daß eine solche
Natursprache möglich sei, obgleich sie meist willkürlich zu Werke
geht und nur selten an einer tieferen Bedeutimg der Nafurgegen-
stände hinstreift. So könnte z. B. ebenso gut die eine als die andere
Blume in jener Briefsprache eine Zusammenkunft oder das
eifersüchtige Auge des Wächters bedeuten, und wirklich — man
denke nur an die so verschiedene Bedeutung des Stiefmütterchens,
im Deutschen und Französischen — ist fast jede Nation mit solchen
willkürlichen Auslegungen auf eigene Weise zu Werke gegangen.
Wenn dagegen z. B. die Herbstzeitlose» deren lilienartige Blüte noch
im Herbst, wenn die Zeit fast aller andern Blumen vorüber ist,
unsre Wiesen bedeckt und nach wenig Tagen wieder verschwindet,
ohne Blätter oder Früchte erzeugt zu haben, die dann erst im Frühling
des nächsten Jahres zum Vorschein kommen, in jener Blumensprache
die Unsterblichkeit, das im jetzigen Leben ungestillte, erst
im Frühling eines neuen Lebens in Erfüllung gehenden Sehnen bedeutet
» so scheint eine solche Auslegung einem tiefer eindringenden
Verständnis nidit fern zu stehen

Dasselbe, was wir bei der Sprache des Traumes bemerken,
jenen Ton der Ironie, jene eigentümliche Ideenassociation und den
Geist der Weissagung, finden wir auch auf ganz vorzügliche Weise
in dem Originale der Traumwelt, in der Natur, wieder. Die Natur
sdieint ganz mit unserm versteckten Poeten einverstanden und gemeinschaftlich
mit ihm über unsere elende Lust und lustiges Elend
zu spotten, wenn sie bald aus Gräbern uns anlacht, bald an Hochzeitbetten
ihre Trauerklagen hören läßt und auf diese Weise Klage
mit Lust, Fröhlichkeit mit Trauer wunderlich paart, gleich jener
Naturstimme, der Luftmusik auf Ceylon, welche im Tone einer
tiefklagenden, herzzerschneidenden Stimme lustige Menuette singt
Die Zeit der Liebe und der Freude ist es, wenn die Nachtigall ihren
klagenden Gesang am meisten hören läßt, worin sie nach einem
dichterischen Ausdruck die Rose über Gräbern besingt, und alle
Freudengesänge der Natur haben den klagenden Mollton, während
umgekehrt ein ephemeres Geflügel den Tag seiner Hochzeit unmittelbar
am Grabe, am Tage des Todes, feiert. Tod und Hochzeit,
Hochzeit und Tod liegen sich in der Ideenassociation der Natur so
nahe wie in der des Traumes; eins scheint oft das andere zu be-


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