Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
23.1929/30
Seite: 93
(PDF, 142 MB)
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denschaft jene unnatürliche die Folge war. Ähnliche Geschichten
haben uns die Ärzte mehrere aufbewahrt/')

Jene eigentümliche Natur des an uns angeschmiedeten Galeerensklaven
wird besonders aus der Weise erkannt, auf welche der
Wahnsinn erzeugt wird. Dieser Zustand besteht überhaupt in
jener Umkehrung des natürlichen Verhältnisses, wodurch die bildende
Seelentätigkeit, ihr gewöhnliches Geschäft versäumend, sich
auf psychische Weise äußert und wo nun die ganze Kraft des
geistigen Organismus, auf jenes unnatürliche Geschäft konzentriert
und die Tätigkeit des Cerebralsystems verdunkelt wird. Ein Vorherrschen
der Ganglienseelentätigkeit über das höhere Seelenvermögen
entsteht zuweilen auf negative Weise dadurch, daß das
höhere Organ durch Krankheit gezwungen oder durch eigene willkürliche
Schuld seine natürliche Oberherrschaft verliert, häufiger
jedoch auf positive Weise entweder dadurch, daß die in materieller
Bildung befangene Seelentätigkeit in ihrem gewöhnlichen Geschäfte
gestört, aus ihren Banden frei wird und sich, als der bei
den Meisten stärkere Teil, zum Herrscher aufwirft, oder dadurch
daß die Schlummernde durch verwandte, begünstigende Einflüsse
geweckt, genährt wird.

In einem Saitenspiel pflegt ein äußerer laufer Ton den Nachhall
der gleichgestimmten Saiten zu erwecken. Die Leidenschaften
und das ganze Gefolge unserer Neigungen und Abneigungen, der
Begierde und des Hasses, die ganze Region der Gefühle haben
ihren Wirkungskreis und Ursprung im Gangliensystem, wirken belebend
oder zerstörend auf dieses ein. Wie in schon wiedergenese-
senen Wahnsinnigen die alte Tollheit durch den Anblick fremder
Raserei wieder aufwacht, wie jede schlummernde Anlage durch
die Äußerungen eines verwandten Vermögens geweckt wird, so
wacht auch jene untergeordnete Seelenfätigkeit auf und verläßt
ihren bisherigen Kreis, sobald sie den Ton der mit ihrer eigenen
Natur verwandten Leidenschaft vernimmt. Die meisten Wahn-

5) In den Zuständen des Somnambulismus beobachtet man häufig, daß die
Kranken einen lebhaften Widerwillen gerade gegen jene Personen äußern, die
ihnen sonst die nächsten und liebsten sind. Auch in der Melancholie und im
Wahnsinn ist gerade diese Verkehrtheit recht häufig. Die Geschichte eines wohlüberlegten
Mordes, den eine, übrigens vernünftig scheinende Schwangere an ihrem
Mann beging, nach dessen Fleisch sie einen unwiderstehlichen Appetit bekommen,
steht bei Reil S. 394. Die Unglückliche salzte noch das Fleisch des Ermordeten
ein, um recht lange daran zu haben. Auch solche Beobachtungen erinnern an den
Swedenborg'schen Satz, daß in jener Welt wollüstige Liebe sich in Lust, sich
gegenseitig zu morden, verwandle, und an die schon längst anerkannte Verwandtschaft
der Wollust (Fleischeslust) und Mordlusf.


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