Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
23.1929/30
Seite: 141
(PDF, 142 MB)
Bibliographische Information
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Der Weinstock von Meuselbach. Pfarrer Franz Spliftgerber veröffentlicht li\
seinem Buch „Schlaf und Tod" die folgende Erzählung eines thüringischen Pfarrers
namens Gehring, der ihre völlige Tatsächlichkeit ausdrücklich und ernstlich versicherte
:

„Im Jahre 1848, als ich noch Pfarrer in Scheibe auf dem Thüringer Hochwald
war, wurde infolge des März-Äufsfandes ein außerordentlicher Landtag ausgeschrieben
. Ein Porzellanfabrikbesitzer meines Ortes und idi wurden zu Wahl-
mannern bestimmt und auf den 3. Oktober zum Wahltermin in die Ämtsstadf geladen
. Tags zuvor schickte ich zu dem Fabrikanten mit der Anfrage, ob er wohl
einen Platz für mich in seinem Wagen frei habe. Er ließ mir sagen, er bedauere;
sehr, mit Nein antworten zu müssen, denn er fahre nicht, sondern, da er in Meuselbach
, wohin der Weg unfahrbar sei, ein Geschäft habe, wolle er bis dahin zu
Fuß gehen und von dort die Pos* benutzen. — Ich beschloß daraufhin, am folgenden
Morgen früh den nächsten, dreistündigen Weg über das Gebirge zu gehen und
legte mich deshalb frrh zu Bett. In der Nacht träumte mir sehr lebhaft, der
Fabrikant schicke seine Magd zu mir und lasse mir sagen, er habe sich's anders
überlegt, er werde doch fahren und mich mitnehmen, aber seines Geschäftes
wegen über Meuselbach auf einem Umweg. Wir würden aber noch rechtzeitig zum
Termin kommen. Wenn ich mitfahren wolle, müsse ich also spätestens um sieben
Uhr zu ihm kommen.

Ich machte im Traum von dieser freundlichen Einladung sogleich Gehraudi.
Wir fuhren (immer im Traum) in lebhaftem Gespräch unseres Weges. Als wir
nun das zweitausend Fuß hoch gelegene Dorf Meuselbach langsam hinauffuhren
und in die Nähe des letzten Hauses kamen, rief mir der Fabrikant auf einmal zu:
„Ach, sehen Sie da, Herr Pfarrer, sollte man's für möglich halten: hier, fast au,f
dem Gipfel der Meuselbacher Koppe, Wein?1." Ich blickte hin und sah die ganze
Wand des Hauses von einem Weinstock bedeckt, aus dessen schon teilweise gelben
Blättern prächtige blaue Trauben mir entgegenlachten. Ich äußerte mein Erstaunen
, daß hier oben Wein gedeihe. Wir hielten (immer noch im Traum) vor dem
Hause, in dessen Tür der Besitzer stand, und der Fabrikant fragte ihn: „Wird
denn Ihr Wein auch reif?** Er antwortete: „Wenn wir noch einige Zeit diese**
schöne Wetter behalten, dann hoffe ich es bestimmt.** — Das war der Traum.

Beim Kaffee erzählte ich ihn meiner Frau und sagte: „Da sieht man mal
wieder, daß Träume Schäume sind.** Während ich nodi sprach, kam des Fabrikanten
Magd und überbrachte genau dieselbe Botschaft, die ich im Traume vernommen
. Ich ging sogleich zu ihm, äußerte meine Freude über seinen geänderten Entschluß
und erwähnte scherzend, daß ich seine Botschaft schon in der Nadit erhalten
hätte. Er lachte herzlich und wir fuhren in freudiger Stimmung über das
prächtige Herbstwetter unseres Weges dahin. Von dem im Traum gesehenen Wein
hatte ich nichts gesagt, weil ich das doch für einen unwesentlichen Zusatz hielt.
Als wir nun Meuselbach durchfahren hatten, rief der Fabrikant wörtlidi: „Adi
sehen Sie da, Herr Pfarrer, sollte man's für möglich halten: hier,, fast auf dem
Gipfel der Meuselbacher Koppe, Wein?!*' Ich sah hin, und der Weinstock stand
genau wie im Traum vor meinen Augen 1 Eben hielt unser Wagen vor dem Hause;
der Besitzer kam an die Tür, er war es, mit dem der Fabrikant etwas Geschäft-


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