Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
23.1929/30
Seite: 214
(PDF, 142 MB)
Bibliographische Information
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während die Yogalehre des Patanjali einen Urgeist annimmt, aus
dem alle Geister stammen und die Vereinigung mit diesem durch
körperliche Abtötung und angestrengte Meditation zu erreichen
sucht. Der Yogapraktiker kann jedes beliebige religiöse System
vertreten und er wird seine Erfahrungen während der Ekstase
stets im Sinne dieses Systems deuten. Nach den Schilderungen, die
uns die Vertreter der verschiedenen Richtungen vom Yoga und
seinem Endziel geben, kann füglich angenommen werden, daß ihre
abweichenden Ansichten nur auf Unterschiede der Ausdeutung
gemäß ihrer doktrinären Einstellung zurückzuführen sind und daß
die Erlebnisse, die Zustände selbst, bei den verschiedenen Vertretern
so ziemlich dieselben gewesen sein dürften. Nirwana wird
stets als höchstes Ziel hingestellt und Yoga ist der einzige Weg
dahin. Die religiösen Systeme wechseln und vergehen mit Leichtigkeit
in Indien. Wo der Inder zu fremden Religionssystemen
greift, gibt er ihnen stets das Gepräge seiner eigenen Geistigkeit.
So deutet er den Satz des Johannes-Evangeliums „Ich und der
Vater sind eins" im Sinne seiner Yogaerfahrungen und erblickt
darin den Kernpunkt des ganzen Christentums.

Das Yogasystem des Patanjali ist festgelegt auf die Ausdeutung
, daß dem geistigen Ich des Menschen vor allem die Aufgabe
gesetzt ist, sich seiner Nichteinheit mit allem Ungeistigen bewußt
zu werden. Patanjali war ein Anhänger jener Richtung, welche die
bewußte Bewußtlosigkeit/auf den der Yoga abzielt, nicht als Erlebnis
der Gleichheit des Ich und dem unpersönlichen Weltgrund,
sondern als Erlebnis der Verschiedenheit des Ich von der Welt
ausdeutete. Nach ihm besteht die Erlösung des Menschen in der
Einsicht, daß alles, was dem Ungeistigen widerfährt, nicht wahrhaft
ihm widerfährt.

Es gibt in Indien sieben Yogaschulen, nämlich Karma-, Bhakti-,
Hatha-, Laya-, Gnani-, Mantram- und Raja-Yoga. Diese verschiedenen
Yogamethoden gehören der brahmanischen Religion an, nicht
dem Buddhismus. Die buddhistische Meditationspraxis ist aus dem
Yoga hervorgegangen.

Karma-Yoga ist das primitivste Yogaverfahren. Es ist der Weg
der Vollkommenheit durch selbstlose Pflichterfüllung und gute
Werke. Das Verhalten des Karma-Yogi hat viel Ähnlichkeit mit der
Pflichtmoral protestantischer Systeme. Dieses System fußt auf der
Annahme, daß das irdische Schicksal die selbstgeschaffene Folge
unseres Verhaltens in früheren Existenzen ist. Wer sein Karma
geduldig erträgt, sein Schuldenkonto abbüßt wird auf einer höhe-


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