Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
23.1929/30
Seite: 286
(PDF, 142 MB)
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286 -

Der Schutzengel an der Front. Der Sohn des ehemaligen englischen Ministerpräsidenten
Oliver Baldwin, der unter die Sozialisten gegangen ist und im Unterhaus
ein Mandat der Arbeiterpartei bekleidet, hat kürzlich in einer öffentlichen
Versammlung einen bemerkenswerten Vorfall aus seinem Leben erzählt. Er hatte
an der Westfront mit seiner Kompagnie in 24stündigem, hartem Kampfe gelegen
und war mit seinem Burschen zu einer Erkundung vorgegangen, während die Kompagnie
in gedeckter Stellung zurückblieb. Nach einer Weile ließ er sich mit dem
Soldaten am Rande eines Weges zu kurzer Rast nieder. In diesem Äugenblick
horte er eine Stimme, die ihm deutlich zurief: „Gehe zurück zu deiner Kompagnie".
Der junge Baldwin, der die Worte ganz klar und deutlich vernommen hatte, fragte
den Burschen, ob er jemanden habe sprechen hören. Die Antwort lautete verneinend
. Der Eindruck des Erlebnisses war aber doch so groß, daß der junge
Baldwin sich erhob und in der Richtung auf die Kompagnie zurückging. Nachdem
er etwa dreißig Meter zurückgelegt hatte, schlug eine Granate genau auf dem Fleck
ein, wo Baldwin gesessen hatte. Der Soldat, der sitzengeblieben war, wurde auf
dem Platz getötet. Es blieb fast nichts von ihm übrig. Der junge Baldwin ist
seitdem überzeugter Spiritist.

Nimm die Menschen wie sie sind. Wie töricht ist es, wenn wir versuchen, die
Menschen nach unseiem Geiste umzuformen. Ich kenne eine Frau, die zwei liebreizende
Töchter hat, von denen die eine eine bezaubernde Stimme besitzt, während
die andere eine ganz vorzügliche Köchin ist. Die Mutter müht sich ständig
ab, der Sängerin die Regeln der Kochkunst beizubringen, während sie das Haustöchterchen
zu einer großen Sängerin heranbilden möchte.

Ich kenne einen Mann, der ^ich und seiner Frau das Leben verbittert, weil sie
kein Interesse an Küche und Haus hat, und ein anderer Bekannter von mir ist unglücklich
, weil seine Gattin nicht in Gesellschaft glänzt. Sie alle verlangen Vollkommenheit
von den Menschen, denen sie ihre Zuneigung schenken, und vergessen
dabei, daß sie selbst auch nicht vollkommen sind. Wir können doch von der Biene
nicht verlangen, daß sie durch die Pracht ihrer Flügel glänze; von dem Schmetterling
nicht beanspruchen, daß er uns Honig gebe. Wer eine kleine Hausfrau zur
Gefährtin seines Lebens macht, stelle keine Ansprüche an ihren Geist, oder wer
eine geistreiche Frau heimführt, zwinge sie nicht, sich um die kleinsten Angelegenheiten
von Küche und Keller zu kümmern. Mahne den Menschen nicht, der
Geld von dir geliehen hat, selbst wenn ihm das Unglück eines Bankrotts bevorsteht
, du wirst duan glücklicher sein wie du bist.

Ich kenne einen kleinen Knaben, der seine Mutter fast zur Verzweiflung treibt.
„Ich kann ihn nie bestrafen", sagt sie, „selbst wenn er etwas tut, was nach meiner
Ansicht nicht richtig ist. Er ist so ruhig und still bei seiner Arbeit und läßt sich
durch nichts stören". Dieser Knabe hat das Geheimnis der Glückseligkeit erfaßt.
Er führt das zu Ende, was er sich vorgenommen, und läßt sich durch nichts stören.

Wir sollten uns wirklich daran gewöhnen, die Menschen so zu nehmen, wie sie
sind und nicht ständig versuchen, sie zu ändern. Erwarte von lustigen Menschen
nicht, daß sie, falls dir etwas Trauriges zustößt, plötzlich mit dir traurig sind; erwarte
von einem Rennpferde nicht, daß es pflügen soll, und stelle das Pferd, das
pflügt, nicht in die Rennbahn. Selbst wenn du viele hervorragende Eigenschaften
hast, wenn Fähigkeiten sich bei dir zur Intelligenz und Güte gesellen, beanspruche
nicht, daß alle Menschen das Gleiche leisten sollen wie du. Lebe dein
Leben auf deine Art, sei großmütig, barmherzig und suche zu verstehen, daß sie
ihr Leben auf ihre Art ieben.


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