Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
23.1929/30
Seite: 484
(PDF, 142 MB)
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kennen gelernt, das trotz seiner 70 Jahre noch selten lebenslustig
und lebenshungrig war. Auf allen Tanzböden war sie zu Hause, und
nicht selten kam es vor, daß sie, die alte Mutter Tienertin, den
jungen Mädchen die Tänzer wegnahm, obgleich sie nichts weniger
als anziehend war. Im Gegenteil, sie glich einer kleinen vertrockneten
Zitrone, und ihre kreischende Stimme erinnerte stets an
einen schreienden Papagei. Aber sie war wie Quecksilber, lief wie
ein Wiesel, tanzte wie ein Kreisel und machte im Dorf mit allen
ihre Spaße, kurz sie war ein Original, Deshalb interessierte sie
mich, Sie kam gerne zu uns, weil sie immer ein Tröpfchen Bohnenkaffee
und ein Stückchen Kuchen für sie bereif fand. Wir hatten
unseren Spaß an ihren Erzählungen,

Aus ihrem Manne machte sie sich nicht viel; und als er schwer
erkrankte, gab sie ihn kurzer Hand ins Krankenhaus, Kurz vor
seinem Ende entlief der Mann dem Krankenhaus und schleppte sich
bis zu seiner Wohnung, um im eignen Bett zu sterben. Als Mutter
Tienert meinte, daß es mit ihrem Manne zu Ende ging, ließ sie ihn
in den letzten Stunden allein und schlief bei einer Nachbarin, Zu
ihrer Entschuldigung sagte sie: „Ich koan keen Krenka richa!" Sie
schlief ein Stockwerk tiefer als ihr Mann. Durch irgend ein Zeichen
erfuhr sie in der Nacht seinen Tod und ging dann doch hinauf. Sein
Tod schien sie aber doch wohl erschüttert zu haben. Denn ganz
niedergeschlagen kam sie zu mir und sagte: „Tienert ist toutl"

Nach mehreren Wochen kam sie wieder einmal zu mir, und ich
fragte sie, wie es ihr jetzt so allein gefalle.

„Och", sagte sie, „Tienert kimmt ufte zu mer! Jen Obend
war a biese. A soate: „Ihr hoaf mer doch is Tobeckpfeifle und is
Schnopsflaschle nie mietegegan. Ich hos euch doch gesoaf, und ihr
hoat.s do vergassa."

Ich fragte sie, ob sie es ihm denn versprochen hätte, diese
Gegenstände mitzugeben.

Sie entgegnete, daß er sie darum gebeten hätte, schon ehe er
ins Krankenhaus gegangen wäre.

Sie war ehrlich bekümmert, daß sie nicht Wort gehalfen hatte.

Ich fragte sie, ob sie etwa nur geträumt hätte.

„Nee, ich sah a öfter. A wiel woas vo mir", erklärte sie ohne
jede Wichtigkeit und Theatralik. Sie war sogar völlig ratlos und
wußte nicht, was sie machen sollte.

Weil mir nichts anderes einfiel, rief ich ihr, sie sollte beide Gegenstände
im Grabhügel verscharren. Aber ich habe sie seitdem
nicht wieder gesehen, da sie inzwischen die Wohnung gewechselt
hat. Infolgedessen ist mir unbekannt, ob der Spuk aufgehört hat.


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