Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
24.1930/31
Seite: 171
(PDF, 116 MB)
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Auf einmal klang von dem höchsten Berggipfel mir gegenüber
ein seltsamer Ruf über das ganze Land. Unbeschreiblich schön
und harmonisch war der Ton, ähnlich dem langgezogenen Ton
einer Harfe. Nun erscholl er nochmals und endlich ein drittes Mal.
Eigenartig tief in mein Inneres drang dieser Klang aus sonnigen
Höhen, der sich im Ersterben gleichsam mit den wogenden Düften
der Blüten vermischte.

Als ich mich umwandte, stand ein altes, gebücktes Mütterchcjn
vor mir, das midi mit dunkelglänzenden, jugendlichen Augen unverwandt
anblickte.

„Fremdling, dies alles, was du siehst, ist mein Reich, mein
großes, uneingeschränktes Besitztum, und die Kinder, die du siehst,
sind mein Volk, mein glückliches Volk. Sie kennen nur Frieden
und Glück, aller Streit und Hader ist ihnen unbekannt. Sie lieben
die Natur, ihr Leben und Weben. Du kamst aus der Zukunft zu
uns, aus der fernen, freudlosen Zukunft, wo man nur rastloses
Hasten und heiße Gier kennt!"

Mir war dies alles so rätselhaft und merkwürdig, daß ich
schwieg. Das Weib aber fuhr fort: „Du mußt wieder zurück in die
Zukunft, die du Gegenwart nennst. Auch für mich wird sie einst
Gegenwart sein, wenn ich endlich zur Ruhe gegangen sein werde.
Hier will ich schlafen und warten, bis mein Volk mich wieder ruft.
Ich selbst bin weder jung noch alt! Mein Volk sieht mich jung und
du siehst midi alt. Ich bin die Königin des Friedensreiches, das
einst niemand kennen und welches trotzdem heiß ersehnt werden
wird. Und wenn mich alle, alle rufen, werde ich erwachen und mein
großes Volk wieder in mein Reich führen!"

Bei diesen lefzten Worten wurde das Weib immer größer und
größer und schien sich zu verjüngen. Gewitterwolken kamen vom
Horizont her über das weite Meer gezogen und es wurde schrecklich
düster. Ein Sturm erhob sich und die Kinder flüchteten ängstlich
. Das Weib aber war ganz jung geworden. Und wieder hörte ich
den Ruf vom Berge, diesmal aber klagend. Da wuchs das schöne
Weib ins Riesenhafte, bis in die Wolken reichte sein Haupt, das
die Blitze umzuckten. Und am Bergesfuße donnerte die Brandung,
daß die Felsen zitterten. Als der Ruf zum zweitenmal erscholl, da
streckte sich das Weib der Länge nach auf die Erde nieder, und
beim dritten Klang war es zu Stein geworden. Die Meeresfluten
stiegen immer höher und tosten und brausten um den Berg; am
Himmel zuckten die Blitze und ein endloser Regen ging nieder.


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