Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
26.1932/33
Seite: 164
(PDF, 138 MB)
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Passivität des Menschen hierbei kann gar nicht scharf genug betont
werden; so heißt: In dieser Wiederherstellung und Besserung
kann und mag und soll ich nichts dazu tun als ein bloßes lauteres
Leiden, also daß Gott allein alle Dinge an mir tue und ich leide
ihn und alle seine Worte und göttlichen Willen* Damit soll freilich
für das praktische Leben kein lässiger Quiefismus gepredigt sondern
umgekehrt durch eine fortdauernde Askese das göttliche
Prinzip im Menschen gefestigt werden (vgl. Bach: Meister Eckhart,
Der Vater der deutschen Spekulation, Wien 1864, S. 135). Immerhin
darf man aber trotzdem in der Mystik, d. h. in der lediglich
durch das Gefühl im Gegensatz zu der natürlichen Erkenntnis vollzogenen
Einigung mit Gott das eigentlich Charakteristische dieser
und aller anderen bei Tauber und anderen Schülern des Meisters
entwickelten Weltanschauung finden.

In Zeiten tiefer religiöser Gärung und Bewegung, unterstützt
durch starke soziale Störungen, verheerende Seuchen und ander-
weifige Erschütterungen der Gesellschaff fauchen psychische Erkrankungen
des ganzen Volkslebens auf, die mit unwiderstehlicher*
elementarer Wucht alle Schichten der Bevölkerung ergreifen und
sich in entsprechenden, alles gewöhnliche Maß der Affektäußerungen
weit überschreitenden Expansionen Luft machen. Gerade
hier läßt sich anschaulich die Kraft eines psychischen Confagiums
beobachten, der der Einzelne fast wehrlos gegenübersteht. Auch
hier handelt es sich letzten Endes um eine Erscheinungsform der
Ekstase.

Eine solche Erkrankung des normalen Bewußtseins bildete die
am Ende des 14* und Anfang des 15. Jahrhunderts in Deutschland
und in den Niederlanden ausbrechende Tanzwut, die durch Hecker
eine gründliche Untersuchung erfahren hat. Ihre Entstehung war
nach diesem Schriftsteller folgende: Noch waren die Nach wehen
des schwarzen Todes nicht verwunden und die Gräber so vieler
Millionen kaum eingesunken, als in Deutschland ein seifsamer
Wahn die Gemüter ergriff und, der göttlichen Natur des Menschen
hohnsprechend, Leib und Seele in den Zauberkreis höllischen
Aberglaubens fortriß. Es war eine Verzückung, welche den Körper
wunderbar durchraste und länger als zweihundert Jahre das Staunen
der Zeitgenossen erregte, seitdem aber nicht wieder gesehen
worden ist. Man nannte sie den Tanz des heiligen Johannes oder
des heiligen Veit, bachantischer Sprünge wegen, mit denen die
Kranken im wilden Reigen schreiend und wutschäumend den Anblick
von Besessenen darboten. Sie blieb nicht auf einzelne Orte
beschränkt, sondern verbreitete sich, vorbereitet durch die herr-


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