Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
26.1932/33
Seite: 167
(PDF, 138 MB)
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Endlich haben wir in diesem Zusammenhange noch der in
Italien nach der grenzenlosen Verwüstung, die dort der schwarze
Tod angerichtet hatte, von der Mitte des 14. bis zum Ende des 15.
Jahrhunderts grassierenden Erregung zu gedenken, die dem Veitstanz
völlig gleichkam. In der durch Sympathie und gleiche nervöse
Überspannung fortgepflanzten Tanzwut löste sich diese tiefe Spannung
aus. Die tieferen Gründe dieser Erkankung sind somit dieselben
, schon oben berührten, nur die lokalen Bedingungen variieren
, wie aus folgender Schilderung hervorgehen dürfte:

Zu Ende des 15. Jahrhunderts finden wir den Tarantismus
über die Grenzen von Apulien hinaus verbreifet und die Furcht
vor dem Bisse der giftigen Spinne vergrößert. Nichts geringeres
als den Tod erwartete man von dieser Verletzung, oder waren die
Gebissenen mit dem Leben davongekommen, so wollte man sie doch
seelenkrank oder in trostloser Erschlaffung gesehen haben. Viele
wurden schwachsichtig oder schwerhörig, einige verloren den Gebrauch
der Sprache, und alle waren für gewöhnliche Aufregungen
unempfänglich. Nur die Flöte oder die Zither brachte ihnen Hilfe?
so daß sie, wie von einem Zauber erweckt, die Augen aufschlugen
und, anfangs langsam nach der Musik sich bewegend, durch rascheren
Takt zu leidenschaftlichem Tanz fortgerissen wurden. Es fiel
allgemein auf, daß rohe und der Musik unkundige Landleute, als
wären sie in feinen Wendungen des Körpers wohlgeübf, hierbei
ungewöhnlichen Anstand zeigten, wie es denn Nervenkrankheiten
dieser Art eigentümlich ist, daß die Werkzeuge der Bewegung
ihrem gewöhnlichen Zustande* entrückt und dem überspannten
Geiste völlig Untertan werden. Städte und Dörfer ertönten während
des Sommers von dem Klange der Pfeifen und Klarinetten
und türkischen Trommeln, überall fanden sich Erkrankte, die von
dem Tanz ihr Heil erwarteten.

Dieser Glauoe, dem Wahn der Irren ähnlich, die, der eingebildeten
Ursachen ihrer Krankheit durch künstliche Veranstaltung
entledigt, doch nur kurze Zeit von ihren Vorstellungen verlassen
werden, bfieb nicht ohne die nachteiligsten Folgen. Denn durch
ihn mußten die Kranken allmählich von ihrer Tinheilbarkeit überzeugt
werden; nur Linderung, keine Heilung erwarteten sie von
der Musik, und wenn der heiße Sommer die Erinnerungen an die
vorjährigen Tänze erweckte, so wurden sie, wie die gleichzeitigen
Veitstänzer vor dem St. Veitsfage, wiederum trübsinnig und menschenscheu
, bis Musik und Tanz die ihnen zu einer Art von woll-
lüsfigem Genuß gewordene Melancholie verscheuchten.


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