Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
26.1932/33
Seite: 275
(PDF, 138 MB)
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Grunde liegende Idee, um diese zu reproduzieren* „Nur aus solcher
unmittelbaren Empfängnis", sagt Schopenhauer, „entstehen
echte Werke, die unsterbliches Leben in sich tragen"» Daher gilt
die Kunst bei allen Völkern als eine Gabe der Götter» Darum
heißt auch der Sänger „der Göttliche", denn er ist ein Werkzeug
der Götter, die aus ihm reden»

Alle Künstler schaffen in einem Zustande höherer Begeisterung»
Der Enthusiasmus des Genius bemächtigt sich ihrer, ohne daß sie
sich des Vorganges klar bewußt werden» Plato sagt: „Viele Dichter
verstehen, wenn das Feuer der Begeisterung nachgelassen hat, das
von ihnen Gedichtete selbst nicht recht". Ähnliche Bekenntnisse
finden wir bei Leonardo, Raphael, Mozart, Goethe* Mit einem
Zauberschlage enthüllt der Genius zuweilen dem Auge des Künstlers
den verborgenen Schatz, und im Zustande der Entzückung,
wenn der kritische Verstand schweigt, vermag er ihn zu heben»
Zaudert er aber und läßt den Tagpol zu Worte kommen, so versinkt
der Hort vor seinen Augen oder wird zu wertlosem Schutt»
Es ist nicht möglich, daß Shakespeare oder Beethoven ihre vollendeten
Schöpfungen im intelligenten Seelenpole hervorgebracht
haben; diese sind unmittelbar dem Leben der Natur entnommen»

Die künstlerische Ekstase, welche dem Verstände Schweigen gebietet
, ist dem Irrsinn nahe verwandt» Goethe zeigt diese Seife im
„Tasso", und bei Lenau und Hölderlin sehen wir, wie das Genie in
Wahnsinn übergeht» Die großen Kunstwerke sind die Repräsentanten
ihrer Zeit; das verkörperte Zeitbewußfsein, der Inhalt der
höchsten religiösen und ethischen Ideen ihres Jahrhunderts» Daher
hat auch jede Zeit ihre besonders gearteten Kunstwerke» Es hätte
keinen Zweck, heute eine Bildsäule des Zeus zu schaffen oder eine
Madonna zu malen, denn die künstlerischen Visionen entsprechen
den in der Seele lebendigen Formen.

Wir sehen stets die Kunst gleichen Schritt halfen mit der Inspiration
, denn Religion, Kunst und Poesie haben eine gemeinsame
Wurzel» Bei den gottbegnadeten Dichtern sehen wir beide Polaritäten
mit gleicher Kraft tätig. Die eine gibt die Idee, die andere
bildet die Form»

Die frühesten Naturdichtungen zeigen das Vorwalten der Nachtseite
» Ihre dämonische Gewalt übertrifft die Erzeugnisse der neueren
Zeit, wo das Tagleben des Verstandes einen breiteren Raum
einnimmt» So die Veden, die homerischen Gesänge, die hebräischen
Propheten» Der Sänger erscheint nur als das Organ der Gottheit,
von deren Geist erfüllt er in mächtigen, geheimnisvollen Worten
ausströmen läßt, was sie durch ihn verkünden will

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