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306 Diarium der Belagerung Freiburg im Breisgau.
wäre die Ursach, weilen die infame Proposition, so hienach
folgt, gar wohl vorgesehen und -unfehlbar bei meinem Bernau
werde sich dieserhalb bei dem Kaiserlichen Hofe zu beschweren
haben, dass diese „devotische* Stadt Preiburg, welche so viel durch den
Krieg ausgestanden und das ihrige auch durch diese harte Belagerung
sacrificirt, nunmehr auch noch das Unglück haben („die unglückseligste
sein") sollte, ohne Capitulation geräumt zu werden, was
ein geradezu unerhörtes Verfahren („eine in diesem Kriege niemals
erhörte ordre") sei. Harrsch Hess sich jedoch dadurch nicht beirren,
sondern erklärte, als die Deputation auf die schon am 29. Oktober
erörterte Aufpflanzung der weissen Fahne zu sprechen kam (siehe
Note 366): „Auch dieses bei Leib nit, sondern Ihr sollt von dem
Marechal de Villars auf die abgebende Schreiben die Antwort abwahrten
." Harrsch befahl nunmehr dem Stückhauptmann Feldeck,
alle noch übrigen Geschütze und Mörser zu vernageln, obwohl der
Letztere hiergegen Vorstellungen machte und dem Kommandanten zu
bedenken gab, dass der Feind dadurch irritirt werden und dies den
Verwundeten und der Mannschaft, welche in der Stadt zurückblieben,
entgelten könnte. Auch der 6WM. Baron Wachtendonk habe sich
gegen diese Massregel ausgesprochen. Wie Schreiber, IV, 256, erzählt
, wäre Harrsch, bevor er diesen Befehl ertheilte, aufgestanden
und hätte seinen Degen umgegürtet. Mit diesem Ergebnisse endeten
die Unterhandlungen und die tief bekümmerten Deputirten begaben
sich in Sickingen's Haus, um dort weiter zu berathschlagen (Schreiber
VI, 256). Hatte Harrsch noch am 29. und 30. Oktober den bei
ihm erschienenen Deputirten erklärt, es den städtischen Behörden
überlassen zu wollen, beim Abzüge der Truppen in das Untere Schloss
Chamade zu schlagen und die weisse Fahne auszustecken (siehe Seite 277
und 284), so war er also inzwischen von dieser Absicht abgekommen
und sollte vielmehr die Stadt zunächst die Antwort des Marschalls Villars
auf die demselben zu überbringenden Schreiben abwarten. Die
Ueberlinger Handschrift bezeichnet hierbei (Blatt 86) als die „erheblichste
Ursache", warum man weder für die Stadt, noch für die
Kranken und Blessirten capituliren konnte, das „vorrechtliche Anerbieten
" des Marschalls Villars, dessen Ueberbringer der am 21.
Oktober nach Freiburg zurückkehrende Erlach'sche Kegiments-
Tambour war. Bekanntlich liess damals der französische Marschall
dem Commandanten von Freiburg wissen, dass er auf eine Uebergabe
der Stadt ohne die Schlösser nicht eingehen würde (siehe dazu Seite
218 und Note 366). Wie die Ueberlinger Handschrift des weiteren
hierzu bemerkt, hätte man vorausgesehen, dass der Feind nicht nur
eine Capitulation für die Stadt allein ablehnen, sondern dass
man alsbald auch den Sturm auszustehen haben würde. Daher zog
es Harrsch vor, für das oben erörterte Verfahren sich zu entscheiden.
Wenn er den Entschluss fasste, nach Bäumung der Stadt den Widerstand
in der Bergfestung fortzusetzen, so entsprach dies nur den Anforderungen
der gegebenen Situation in militärischer wie politischer
Beziehung, welche dazu drängte, den Feind so lange als möglich
im Rheinthale festzuhalten. — Nach dem vorliegenden Diarium war
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