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1. November.
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frauen, item alle Kranke und Blessirte vor die Contre-
alten Stadtmauer siehe „Feldzüge des Prinzen Eugen", XV, 306; die
„Memoires militaires«, XI, 392, geben 30 an, dagegen auf Seite
394 deren 81, gleichwie Quincy, VII, 285), ferner 11)00 Centnern
Pulver (das grosstentheils nur noch zum Sprengen brauchbar war)
und beträchtlichen Vorräthen an Eisenmunition, von welcher man
aber in der Bergfestung noch viel besass. Ausserdem wurden die
bekanntlich nicht mehr belangreichen Vorräthe an Kameralgetreide
und Hafer eine Beute des Feindes. Die Forschungen nach den
ärarischen Vorräthen fährten auch dazu, dass den Franzosen die Einwohner
verrathen wurden, welche sich bei der oben erwähnten Plünderung
der Magazine betheiligt hatten und nunmehr sich gezwungen
sahen, das geraubte Mehl wieder herauszugeben. — Es scheint um die
Mittagszeit gewesen zu sein, dass zur Regelung der Contributions- Frage
der Intendant de la Houssaye sich in die Stadt begab. Wie Schreiber,
IV, 259, berichtet, wurde zu jenem Zwecke um 2 Uhr Nachmittags der
Magistrat im Rathshofe versammelt und ihm hier von dem Intendanten
Fell(§tier in Gegenwart mehrerer Generale eröffnet, dass die Einwohner
eine wirkliche Capitulation nicht für sieh in Anspruch nehmen
könnten, vielmehr mit Leib und L^ben, Hab und Gut einer völligen
Plfinderung unterworfen und dem Könige von Frankreich verfallen
seien; aber dennoch wolle der Marschall Villars besonderes väterliches
Wohlwollen walten lassen und habe daher die Ordre ertheilt, dass
die Stadt für das verhütete Rauben und Morden eine Million Franken,
ausserdem jedoch für die Lösung der Glocken 20,000 Reichsthaler an
den Königlichen Schatz zu zahlen habe. Ueberdies wäre für jeden
Mann der Garnison täglich eine Maars Wein, zwei Pfund Brot und
ein Pfand Fleisch zu liefern. Dagegen werde die Stadt, fügte der
Intendant hinzu, in die mildeste Protection des allerchristlichsten
Königs aufgenommen und auch besser, als so eben geschehen, ver-
theidigt werden. (In der Anquetil'schen Ausgabe der „Memoires
de Villars*, II, 290, wird die Auflage dieser Contribution von der
Bedingung abhängig gemacht, dass das Feuer der Bergfestung
zu schweifen hatte; bei Vogüe, III, ist eine solche Mittheilung an
betreffender Stelle [Seite 225 und 226] nicht enthalten.) Mit Rücksicht
auf den damaligen Geldwerth und die Geldknappheit war gegenüber
der nichts weniger als erheblichen Einwohnerzahl (es bestanden
ungefähr 500 bürgerliche Haushaltungen) die französische Forderang
eine jedes Maass überschreitende Rücksichtslosigkeit. (Die Regierungs-
Relation berichtet über die Versammlung nichts, sondern erwähnt
der vom Feinde verlangten Contribution und des Glockengeldes erst
unterm 2. November.) Die Bestürzung wegen der Höhe der feindlichen
Forderungen war gross und wie aus dem Folgenden sich ergiebt,
wurde die Absendung einer Deputation an den Marschall Villars beschlossen
, um mildere Bedingungen zu erbitten. Die diesseitigen
Quellen thun dieser Abordnung, welche nach Lage der Dinge im
Verlaufe des Nachmittags sich zu Villars begeben haben dürfte,
zwar nicht Erwähnung, aber die in den französischen Akten sich
findenden Mittheilungen lassen darüber kaum einen Zweifel bestehen.
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