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von Weecli
Großherzog Friedrich in diesem Sinne auch seinen Einfluss bei
den Bundesfürsten mehr als einmal einsetzte. Erst spätere
Zeiten werden es vielleicht im vollen Umfange erfahren,
welche Verdienste unser Landesherr, wie vor so auch nach
der Gründung des Reichs, sich um das große deutsche Vaterland
erworben hat. Aber uns allen sind die herzlichen eindringenden
Worte bekannt, in denen bei so vielen Anlässen
der Großherzog seine Landeskinder, die Vertreter seines Volks,
die alten Soldaten, in deren Versammlungen er gern eintritt
und zu denen er väterliche Worte zu sprechen liebt, an ihre
Pflicht mahnte, stets und vor allem ihre ganze Kraft dem
großen deutschen Vaterlande zu widmen, treu und fest zu
Kaiser und Reich zu stehen. An ihre Pflicht. Und wem
konnte es besser anstehen, andere zur Erfüllung einer Pflicht
zu mahnen, als ihm, dessen ganzes Leben als unentwegte
Pflichterfüllung bezeichnet werden darf, als Erfüllung aller
der Pflichten, die ihm sein fürstlicher Beruf, so wie er ihn,,
als ein von Gott ihm anvertrautes Amt, von jeher betrachtet
und ausgeübt hat, auferlegt. Er, ein Vorbild des größten
Pflichtgefühls für alle seine Untertanen, von den Höchstgestellten
des Landes bis zu den Armen und den wirtschaftlich Schwachen
und Schwächsten herab, denen Großherzog Friedrich stets
in vollem Verständnis ihrer Bedürfnisse seine Fürsorge gewidmet
hat. Ein Pflichtgefühl, in dem er Vertrauen heischt
und Vertrauen schenkt, in dem er Treue giebt und Treue
nimmt, ein Pflichtgefühl, welches alle die mannigfachen Beziehungen
umfasst, in denen ein rogirender Herr zu allen
Kräften steht, die in seinem Lande tätig sind und die an dem
sausenden Webstuhl der Zeit schaffen und der Gottheit lebendiges
Kleid wirken.
Welche Kraft wäre mächtiger als jene, welche die Beziehungen
des Menschen zu Gott regelt, die Religion? Unser
Großherzog hat von jeher den Grundsatz hochgehalten, den
Kaiser Wilhelm I. in die Worte zusammcnfasste: „Ich will,
dass meinem Volke die Religion erhalten werde." Der evangelisch
-protestantischen Landeskirche, seiner eigenen ihm teuren
Kirche, wie er sie in der Osterproklamation von 1860 nannte,
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