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Rosin
Einklänge zu voreinen, in welchem die gesetzliche Freiheit
ihre segenbringende Kraft entfalten kann", ist in einer großen
Zahl von Abänderung»- und Ergänzungsgesetzen zu der schon
aus dem Jahre 1831 stammenden Genieindeordnung verbreitert
und vertieft worden. Die Heranziehung sämtlicher Gemeindeeinwohner
zu den politischen Rechten und Pflichten in der
Gemeinde an Stelle des Prinzips der beschränkteren früheren
Bürgergemeinde, die Minderung des staatlichen Aufsicht«- und
Bestätigungsrechts, die Schaffung eines gerade in Beziehung
auf die Selbständigkeit der Gemeindeverwaltung bedeutsamen
Sonderrechts der größeren Städte, die Übertragung des Prinzips
der kommunalen Selbstverwaltung auch auf die Kreise als
weitere Kommunal verbände: alles das und anderes stärkte den
schon von der Gemeindeordnung gewollten Geist des freien
Bürgersinns, welcher „die Vorschule des konstitutionellen
Lebens" im Staate darstellt.
Nicht umsonst aber vertraute Großherzog Friedrich in
seiner Rede vom 2. April 1870, „dass die pflichttreue Besonnenheit
Seines Volks von der ausgedehnteren Freiheit, welche
unzweifelhaft eine frischere Bewegung aller vorhandenen Kräfte
hervorrufen muss, den richtigen Gebrauch machen wird, um
neben der Freiheit die strenge Ordnung der Gemeinden, dieser
Grundsäulen des Staats, zu wahren".
Daneben kam in dem grundlegenden Vorwaltungsgesetze
vom 5. Oktober 18()3 das Prinzip der Heranziehung bürgerlicher
Vertrauensmänner auch zu den Geschäften der eigentlichen
politischen Staatsverwaltung in der Einrichtung der
Bezirksräte zum Ausdruck. In diesen Bezirksräten wurde
aber zugleich zum erstenmalc in Baden ein anderer neuer
Gedanke verwirklicht, der für das übrige Deutschland in weitem
Umfange vorbildlich geworden ist. In ihnen und dem
übergeordneten zentralen Verwaltungsgerichtshof wurden Gerichtshöfe
des öffentlichen Hechts geschaffen, welche, insbesondere
unter Berücksichtigung ihrer späteren Ausgestaltung, der
Idee des Rechtsstaats zur formalen Vollendung verhelfen
sollen. Nicht bloß über Mein und Dein und über die strafbare
Auflehnung des verbrecherischen Willens gegen die öffentliche
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