http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zgb1902/0049
Die Heimat Hartmanns von Aue.
Vortrag von Ernst Martin*
Hartmann von Aue war ein Schwabe. Das bezeugt zur
Genüge ein andrer Dichter um 1220, Heinrich von dem Türlin
in der Krone. Aber Schwaben muss für jene Zeit in einem
weiteren Sinne gefasst werden, als wir es gewöhnlich tun:
es ist der Volksstamm im Südwesten Deutschlands gemeint,
der mit den Baiern, Franken, Sachsen zusammen das deutsche
Sprachgebiet einnimmt. Nur wird im Westen meistens das
Elsass, im Süden die deutsche Schweiz ausgeschlossen; letztere
wird zu Burgund gerechnet. Also das südwestliche Deutschland
bis zum Rhein ist mit Schwaben gemeint.
Hier kommt nun der Ortsname Au nicht selten vor, begreiflich
, da er eigentlich nichts andres besagt, als ein Stück
Land im Wasser oder am Wasser. Natürlich kommt es bei
der Bestimmung der Heimat unsres Dichters darauf an, ein
Geschlecht zu finden, das sich nach einem Orte Au nennt,
und zwar ein ritterbürtiges. Der Dichter selbst gibt noch an,
dass er Dienstmann sei von Ouwe oder auch ze Ouwe. Letzteres
scheint darauf hinzuweisen, dass der Dichter Dienstmann eines
Herrn von Aue war.
Mit gutem Grund nimmt man an, dass es ein Angehöriger
dieses schwäbischen Geschlechts war, dessen rührende Geschichte
Hartmann in seiner Legende vom Armen Heinrich erzählt
. Herr Heinrich von Aue wird aussätzig. An seiner
Genesung verzweifelnd, verteilt er seine Güter, wobei er auch
Klöster begabt. Auf ein einsames Gereute zu einem seiner
3*
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zgb1902/0049