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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zgb1904/0113
Aus dem Sprachleben des Wallis

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beweist z. B. das Wort Gesandter, mit dem der Oberwalliser
einen Abgeordneten zum Großen Rate, der gesetzgebenden
Versammlung des Kantons, bezeichnet. Das Wort ist ohne
Zweifel ein Versuch, die französische Bezeichnung depute ins
Deutsche zu übersetzen. Das Wort Abgeordneter kennt der
Walliser nicht, weil es in der Schweiz zwar bekannt, aber
nicht für schweizerische Verhältnisse gebräuchlich, sondern
ein aus Deutschland eingeführtes Zeitungswort ist. Während
man nun in den deutschen Kantonen die Großratsabgeordneten
sehr wenig geschmackvoll „Großräte" nennt, und anderseits
für französische Verhältnisse das Fremdwort Deputierter im
Gebrauch steht, versuchte der Walliser depute durch Gesandter
zu übersetzen, und wenn nun das auch eine ungeschickte
Lösung der Aufgabe ist, so verrät sie doch ein
ungewöhnliches Maß von wortbildender Kraft beim Deutsch-
walliser. Ich bemerke, dass das Wort nicht etwa im amtlichen
Gebrauch steht, sondern der Walliser Mundart angehört
. — Hieher gehört noch ein anderes bemerkenswertes
deutsches Wort. Im Briger Bürgerhaus lesen wir auf einer
Tafel: die Schreibkammer ist geöffnet usw., ein etwas altmodisches
, aber doch richtig gebildetes deutsches Wort für
eine Sache, die in der ganzen übrigen deutschen Schweiz
durch die Wörter Bureau und Sekretariat bezeichnet wird, —
wieder ein Zeichen von der urwüchsigen Kraft des Walliser
Deutschtums.

Auch von den deutschen Monatsnamen sind im Oberwallis
noch sechs allgemein gebräuchlich, nämlich: Brachmonat, Heumonat
, Herbstmonat, Weinmonat, Wintermonat und Christmonat
. Horner beginnt dem Februar Platz zu machen.

Die welschen Schweizer sprechen spottend von einem
Bundesfranzösisch. Wenn die Oberwalliser ebenso empfindlich
wären, könnten sie von einem Walliser Staatsdeutsch reden.
Davon nur zwei Muster. Der Verfassungsartikel, der dem
Deutschen im Kanton Wallis seine Rechte verbürgt, lautet
folgendermaßen: Die deutsche und die französische Sprache sind
als Nationalsprachen erklärt. Man hat sich nicht die Mühe
gegeben, langue nationale durch Landessprache zu übersetzen,

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