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Aus dem Sprachleben des Wallis

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Analogie vom Ofen: un poele qui tire bien (ergänze l'air).
Sodann der eigentümliche Helvetismus, das Wort oser im
Sinne von dürfen zu gebrauchen. Für dürfen gibt es kein
entsprechendes französisches Verbum; der Franzose hilft sich
mit Umschreibungen. Der welsche Schweizer sagt: vous savez
que vous n'osez pas laisser la porte ouverte (. . . dass ihr
die Tür nicht offen lassen dürft). Auch hier kann man sich
fragen, ob ein Germanismus vorliege. Aber weshalb hat
gerade der Schweizer und nicht auch der Franzose hier das
Bedürfnis nach einem fehlenden Zeitwort empfunden? Ich
denke, weil die eingewanderten Deutschen und ihre Kinder
das Wort nötig hatten, um ihre deutschen Gedanken französisch
auszudrücken, und weil im Umgang mit ihnen auch der
Welsche das Bedürfnis gefühlt hat, den Begriff dürfen durch
ein entsprechendes Zeitwort auszudrücken. Bestärkt werde
ich in dieser Annahme dadurch, dass oser genau dem schweizerdeutschen
dürfen entspricht, das die Bedeutungen dürfen
und wagen vereinigt. Wir sagen in unserem Dialekt: i hä nit
dörfe = ich habe es nicht gewagt = je n'ai pas ose.

„Es brennt in Murten" heißt auf französisch: il y a un in-
cendie ä Morat. Man hört aber in der Schweiz sehr oft: il
brüle ä Morat, was ohne jeden Zweifel ein Germanismus ist,
wenn ich ihn auch in einer Nummer der Gazette de Lausanne
(vom 5. Dezember 1867) gefunden habe — nämlich in einer
von der Sprachgrenze kommenden Korrespondenz.

Weniger gewiss ist der deutsche Ursprung bei folgenden
Redensarten, die im Volk sehr gebräuchlich sind. II est loin
(weg!) für: il est parti; avez-vous des douleurs (gut französischwäre
: souffrez-vous); je m'etonne ce que c'est, je m'etonne
s'il vient, Schweizerdeutsch: es nimmt mi Wunder, was das
isch, ob er chunnt = ich möchte wissen, was das wol ist, ob
er kommt. Aber verbreitet werden sie jedenfalls hauptsächlich
von den Deutschen.

Oü avez-vous dormi?, ganz falsch, aber sehr deutsch für:
oü avez-vous couche? Se remercier für sich bedanken und
je suis inconnu ici für: ich bin hier unbekannt, sehen mir auch
sehr nach Germanismen aus.


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