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Cartellieri
manchmal Weltgeschichte ihre Bedeutung. Man denke nur an
die Urkunden der einander bekämpfenden Päpste nach 1378, die
Winkelmann in der Schlusslieferung des Texts finden kann.
Glaubt man ernstlich, dass wer eine übersichtliche Verfassungsoder
Wirtschafts- oder Kirchengeschichte des Oberrheins schreibt,
Zeit hat, ungedruckte Urkunden in großer Zahl kommen zu
lassen oder auf Reisen einzusehen?
Darum möchte ich mir erlauben zu sagen: Vorsicht bei
dem Streben nach Kürze! Vorsicht besonders, solange noch
keine rechte Übereinstimmung darüber erzielt ist, was in Bischofsregesten
hinein gehört und was nicht. Mein Herr Kritiker wird
wissen, dass der von mir bearbeitete Band ,der Konstanzer
Regesten in der gleichen Periode keine Vorbilder hatte, an die
er sich anlehnen konnte.
Es sei ferne von mir, mir einzubilden, dass bei Länge oder
Kürze der Konstanzer Regesten gerade von mir das Richtige
getroffen sei. Nicht auf das Einzelne kommt es mir an, sondern
auf den maßgebenden Grundsatz. Mit einer Kritik, die so allgemein
gehalten ist, wie die Winkelmanns, lässt sich wenig
machen. Da er in den Jahresberichten der Geschichtswissen^
schaft nur über wenig Raum verfügte, würde er sich ein wesentliches
Verdienst um die Regestensache erwerben, wenn er, mit
allen Hilfsmitteln kirchenrechtlichen Wissens ausgerüstet, angäbe,
was bei den verschiedenen Urkundenarten aufzunehmen, was
fortzulassen wäre. Die Schwierigkeit beruht in der Trennung
des Formelhaften von dem wertvollen Neuen des Einzelfalls.
An literarischen Hilfsmitteln, die sich für diesen Zweck verwenden
ließen, herrscht ein oft schmerzlich empfundener Mangel.
Es fehlt für das 14. Jahrhundert eine kirchliche Verfassungsgeschichte
, die nicht in erster Linie juristische Quellen berücksichtigt
, aus denen man nur lernt, was sein sollte, sondern Urkunden
und Chroniken, die zeigen, was tatsächlich war. Dazu
kommt eine weitere Schwierigkeit technischer Art. Die Regesten
können nicht in zeitlichem oder sachlichem Zusammenhang,
sondern nur nach ihrer zufälligen Lagerung gemacht werden.
Man gestatte mir ein Beispiel. Der Karlsruher Regestenarbeiter
macht ein Regest aus einem Kopialbuche. Er merkt gleich,
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