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Beinert

B. Die selbständigen Gesichte Moscheroschs.

Das alamodische Wesen rief in Moscheroschs Zeit den
Spott einer nicht geringen Zahl deutscher Satiriker hervor1.
Schon im 15. und 16. Jahrhundert, in denen der allgemeine
Zustand der Sitten von reformatorischen und nicht-reformatorischen
Schriftstellern starken Tadel erfuhr, erwachte die
strafende Sittenpredigt und verdammte sowohl die den fremden
Einflüssen unterliegende Mode, als auch die immer mehr um
sich greifenden öffentlichen Laster der Trunksucht, der Spielsucht
, der Unsittlichkeit, des Fluchens usw. Andererseits
waren die alamodischen Strömungen, die den ganzen Volkscharakter
überwucherten, nie mächtiger als gerade in Moscheroschs
Zeit, und sie mussten sich vor allem im Westen Deutschlands
und in dem schon teilweise französierenden Straßburg
fühlbar machen. Moscherosch will sich nun gegen die um
sich greifende Nachahmungssucht in fremder Kleidung, Sprache
und Manieren wenden und an der neuen deutschen Tracht
das verwerfen, was an ihr undeutsch ist. Er sieht in dem
alamodischen Wesen das ärgerliche Symptom der deutschen
Knechtschaft, daher ist er überhaupt gegen jede ausländische
Modeneuerung, ob gut oder schlecht, schon im Prinzipe abgeneigt
. Moscherosch wehrt sich gegen die innere Verwelschung
Deutschlands und schreibt der Modesucht, dem äußerlichen
Kennzeichen verwelschter Gesinnung, die Schuld des nationalen
Unglücks zu: „0 der schädlichen wort ä la mode", ruft er aus,
„dieses ä la mode bringet uns noch umb leib vnnd gut, —
das ä la mode wird uns noch den garauß machen!"

Diese kerndeutsche Gesinnung Moscheroschs hat in ihm
eine unbegrenzte Verehrung des bayrischen Geschichtschreibers
Aventinus hervorgerufen, dessen Chroniken unsern Satiriker
mit solch flammender Begeisterung für das biedere, altdeutsche
Volkstum erfüllt haben, dass er sogar in seiner insomnis cura
parentum seinen Kindern die Lektüre des Aventin aufs nachdrücklichste
empfiehlt. In Aventins Geschichtswerken glaubt er
die lautere Quelle echten Deutschtums sprudeln zu sehen, und

1 Laurembergs Scherzgedichte, die auch die alamodische Kleidertracht
behandeln, sind erst 1652, also neun Jahre nach Moscheroschs
zweitem Teil der Gesichte erschienen. Sie weisen Beziehungen zu Brant
und Moscherosch auf.


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