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Deutsche Quellen und Vorbilder zu Moscheroschs Gesichten 207
fällt wieder unter den Einfluss Aventins, der an sehr vielen
Orten von dem Gottesdienst der „uralten Teutschen", wie ihn
„künig Tuitscho gesetzt hat", und von den „alten teutschen
münchen und nunen drudden und bärding" redet. Nachfolgende
Stelle zeigt deutlich die Anlehnung an Aventins Text Buch 1
Kap. 12 S. 77:
„Am ersten ordnet er (Tuitscho) den gotsdienst also: pauet gar
kain kirchen noch altar nit, etlich paum, hölzer und wäld weihet er und
verpants das sie nieraants abe dorft hauen, in und zue denselbigen liefen
die leut, so sie peten wolten, geistliche werk üben, ir andacht und gotsdienst
under den wölken und offnem himel verpringen solten. . . . Z. 16:
Von diesem ietz gemelten unser vorvodern brauch haissen wir noch die
kirchfart ,waldfart' und kirchferten, dahin und herlaufen ,walden g&n'.
Weiter lernet oftgenanter unser erster vater loß stäb und wünschrueten
schneiden und segnen, damit der herold oder pfarrer vor got offenlich
pittend und auf in die himel sehend die leuf und künftigen Außgang
hendl und Sachen versten solt und eröffnen."
Moscherosch S. 415: „In wären dem Gespräch kamen wir in den
Yschwald | bey die grosse Eych | alda ein mänge Volcks versamlet ward.
Die Drudden vnd Barding waren alda | so als die Geistliche das Heilige
Ambt verrichteten | trugen lange Rock | lange Bärte | lehreten vnd strichen
die Kinder wan sie nichts wußten. Sie hatten weder Kirchen noch Altar:
etliche alte grosse Eychen hatten sie geweyhet | zu welchen die Leute
lieffen | wan sie betten vnd Geistliche Werck vben wolten | vnder dem
offenen Himmel vnd den Wolcken: dannenhero noch die Wallfarten | von
den Waldfarten | wallen gehen | ihren Namen haben. Auch hatten die
Drudden Lobstäbe vnd Wündschrutten in der hand | mit welchen sie
der künfftigen Dinge außgang eröffnen solten."
Vorliegende Stelle zeigt wieder, dass Moscherosch Aventin gegenüber
da, wo er ihn nicht wörtlich zitiert, wenig Selbständigkeit
bewahrt, wenn er auch geringfügige Abweichungen aufweist.
Die reiche Literatur über das Podagra und vor allem
die komische Behandlung desselben durch Fischart im „Poda-
grammisch Trostbüchlein" reizte auch Moscherosch, eine Satire
über das üppige Leben vornehmer Stände zu schreiben. Fischarts
humoristische Auffassung der „Fuf3verstrickerin Fräulein Podagra
" hat deren satirische Wirkung um ein bedeutendes erhöht
und darum um so eher Moscheroschs Aufmerksamkeit auf sich
gezogen. Ja, Moscheroschs „Pflaster wider das Poda-
gram" geht zum Teil auf dieselben Quellen zurück, wie das
Trostbüchlein. Wie Fischart zu seiner Übersetzung der „Laus
podagrae" von Carnarius1 eine zweite „artliche Schutzrede"
1 De Podagrae Laudibus Oratio 1552.
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