Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
21.1905
Seite: 162
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Bertsche

Freuden die ungeheure Fülle und Mannigfaltigkeit dieser urwüchsigen
Schöpfungen der Volksphantasie und des Volks-
humors, die meistens, gegenüber den farblosen, nüchternen Titeln
der Prosa, geradezu wie echte, frische Kinder der wahren Poesie
einen anmuten und anlachen.

Nachdem ich eine Anzahl solcher originellen Benennungen
aufgezeichnet und verglichen hatte, gewahrte ich, dass auch gewisse
Gesetze bei dieser Namengebung zur Geltung gekommen
sein müssten, obgleich mir noch sehr viele Bezeichnungen einfach
unerklärlich und unbegreiflich erschienen.

Nun gingen mein Vater und ich, er das ganze Jahr und
ich jeweils in den langen Universitätsferien, daran, die verschiedensten
Namen von Erwachsenen (Männern und Frauen) so-
wol der Gegenwart als auch der Vergangenheit, soweit das Gedächtnis
der ältesten Leute reichte, zu sammeln und zu sichten,
um sie auch in ihrer weitverzweigten Verwandtschaft zu erkennen
. Bei den Übernamen wurde mit peinlicher Gewissenhaftigkeit
der Grund, die tatsächliche Unterlage und Bedeutung
derselben festzustellen gesucht, und die oft vielfach verschiedenen
Meinungen darüber geprüft und gegeneinander abgewogen,
um nicht von irgend einem entfernten Verwandten des Betreffenden
unerwartet getäuscht zu werden. Denn es kommt häufig
vor, dass die Sippschaft eines mit einem Schimpfnamen Versehenen
eine ganz andere, mildere, manchmal auch einleuchtendere
Erklärung, als die Tatsachen erlauben, dem betreffenden
Spottnamen unterschiebt.

Andere Schwierigkeiten stellten sich den mehrjährigen Bemühungen
hemmend entgegen und machten unsere Nachforschungen
langwierig: so das oft hohe Alter vieler Namen,
das heikle und peinliche Gebiet der manchmal sträflichen
Schimpfnamen, wTobei man, um nicht anzustoßen, stets indirekt
anfragen musste; denn alle mit einem Spottnamen Behafteten
kennen ihn natürlich auch selbst; besonders aber der Umstand,
dass sehr viele Schimpf- wie Rufnamen oft nur von ganz
wenigen Personen auch verstanden, d. h. in ihrer Entstehung
und Bedeutung erkannt werden — übrigens ein strikter Beweis
für deren Alter, Einbürgerung und Verwendung als wirkliche
Geschlechtsnamen.

Ferner war hemmend die bekannte angeborene Verschlossenheit
der Bauern — und das sind die meisten Einwohner meiner


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