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Die Münsterkirche St. Maria zu Mittelzell 85
hundertwende als die Gebeine des Evangelisten St. Markus
erkannt und als solche von der Provinzialsynode zu Konstanz
920 bis 925 beglaubigt wurden1, fanden zunächst in „einer"
der Apsiden der Basilika St. Mariä Unterkunft2. „Mehrere"
Apsiden in demselben Kirchengebäude liegen entweder sämtlich
im Ostchor, und zwar auf das Altarhaus und die Kreuzflügel
oder beim Mangel eines Querhauses, wie in St. Peter
und Paul zu Unterzell3, auf das Haupt- und die Seitenschiffe
verteilt, oder bei doppelchörigen Anlagen nach dem Muster des
bekannten Baurisses von St. Gallen4 im Ost- und Westchor
einander gegenüber. Wo lag nun die Chornische des hl. Markus ?
Der Kirchenteil, welcher ohne zwischenzeitliche Übertragung
an eine andere Stelle kurz nach 830 den noch als
die Gebeine des hl. Valens betrachteten Reliquien5 als Unterkunft
dient, wird als „basilica S. Marci" bezeichnet6. In der
Folgezeit werden die Gebeine des inzwischen richtig erkannten
hl. Markus zwar in ein anderes Leinentuch gehüllt und in
einem neuen Schrein geborgen, verbleiben aber in demselben
Altar, nur in einer höher gelegenen, besser vor Feuchtigkeit
1 Adler S. 533; Neuwirth S. 61; Reichenauer Handschrift No. 84
Bl. 138, abgedruckt als „Miracula s. Marci" in Mon. Germ. VI 449f. und
ausführlicher in Mone, „Quellensammlung der Badischen Landesgeschichte"
(Karlsruhe 1848) I, unter dem Titel „Der heilige Markus in Reichenau",
Kap. 6, 7 und 10, Mone S. 64, 65 und Anm. ** 66. Die Handschrift
rührt aus dem 10. Jahrhundert her, „novissimis temporibus, regnante
Heinrico rege", cap. 10, Mone S. 65. Es handelt sich um Heinrich I.,
919 bis 936.
2 Mir. St. Marci, Mone I 64, „Abbas quoque eiusdem monasterii
omnisque fratrum conventus gratulantes eum (sc. Valentem) susceperunt
et in basilica s. Mariae in una apsida cum' omni honore collocaverunt".
3 Adler S. 545 und 547, Textfigur und Bl. 67 II.
4 Otte „Geschichte der romanischen Baukunst in Deutschland" S. 92.
5 Mif. S. Marci, Mone I 64, cap. 8, „adhuc ignota nominis illius
notitia".
6 Mir. S. Marci, Mone I 64, cap. 8, „ut venit in basilicam S. Marci".
Der Verfasser der Miracula s. Marci überträgt dabei die Bezeichnung
seiner Zeit auf die Vergangenheit, welcher bei der Unkenntnis der
Reliquienherkunft vom hl. Markus diese Benennung noch fremd sein
musste.
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