Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
22.1906
Seite: 104
(PDF, 69 MB)
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104

John

nach zu entdecken wären, schwerlich würde er eine Schatzkammer
ihrer Herrscher, eine Grundmauer der Paläste, eine
Waffe oder ein Gerät entdecken, das so zu den Angaben der
Dichtungen stimmte wie die Funde von Ilion und Mykenä mit
denen Homers. Deutsche Dichterart besitzt eben wenig von
der Anschaulichkeit in der Wiedergabe körperlicher Objekte,
wie sie Griechen und Engländer kennzeichnet. Dagegen verrät
uns Homer nicht das Mindeste von den Ideen, welche die
Achäer nach den Küsten Kleinasiens trieben und dort zu mühseligen
Belagerungen der festen Burgen kulturell höher stehender
Völker veranlassten. Soweit die deutschen Dichter des
Mittelalters hinter Homer an anschaulicher Objektivität zurückstehen
, ebensoweit bleibt dieser hinter jenen in der treuen
Wiedergabe und Analyse der waltenden Ideen zurück. Goethe
hat seinem bürgerlichen Epos die französische Revolution zum
Hintergrund gegeben, ein Ereignis, das nicht nur die kleinstädtische
Liebesgeschichte einrahmt, dramatisch belebt, sondern
an dessen Beurteilung sich auch die Flachheit oder Tiefe
der Geister bemessen lässt, und das die Affekte von Schwärmerei
, von Hass und Widerwillen in den Handelnden entzündet
. Daraus erkennen wir aber auch, wie der Dichter
selbst sich zu dem welterschütternden Vorgang seiner Zeit
persönlich gestellt hat. Kein Mensch zweifelt, dass die lebendig
pulsierenden Jugenddramen Schillers eben diesen Herzschlag
dem Umstand verdanken, dass er persönliche Erlebnisse in sie
verwoben hat.

Dass auch die Nibelungen aus dem Borne des vom Volke
selbst Erlebten geschöpft haben, bezeugen die aus der Völkergeschichte
aufgenommenen Umwälzungen, die Namen der beteiligten
Personen, die mit den Zeiten sich ändernden sittlichen
Motive, die nach und nach eine gänzliche Wandlung
in der Verknüpfung der erzählten Geschichte bedingten. Aber
eine individuelle durch persönliche Interessen eingegebene Bearbeitung
hat bis heute noch niemand behauptet, weil noch
niemand auf den Gedanken verfallen ist, die zahlreichen geschichtlichen
Angaben, welche die zweite Hälfte des Nibelungenlieds
bietet, und die einem räumlich und zeitlich sehr


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