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Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
22.1906
Seite: 311
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Zu Rembrandts 300jährigem Geburtstag

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ziemlich traurig, wenn ein Volk in keiner Weise zu zeigen
vermag, dass etwas von der Weisheit und Schönheit der
großen Toten ihm in succum et sanguinem übergegangen ist.
Gerade an sogenannten Erinnerungstagen empfinden wir dieses
und wir blamieren uns ungerne.

Eine zweite Gefahr dieser Jubiläumsfeiern ist mehr persönlicher
Art. Wenn wir bedenken, dass gerade in diesen
Tagen vor so und so vielen Jahren oder Jahrhunderten dieser
oder jener große Künstler geboren oder gestorben ist, kommen
uns zu gleicher Zeit die Umstände, unter denen dieses Wochenoder
Totenbett stattfand, lebhafter als gewöhnlich ins Gedächtnis
. Dies bringt uns der Person des Künstlers bedenklich nahe
und nur zu oft ist es Ursache einer gewissen Empfindsamkeit,
die ich sentimentalen Pharisäismus oder pharisäische Sentimentalität
nennen möchte. Es ist so leicht und so angenehm
zu sagen: „Armer Rembrandt, nach einer kurzen Zeit des
Erfolgs wurdest du dein ganzes weiteres Leben verkannt.
Deine erste Frau starb jung, deine zweite, Hilfe und Stütze
deiner alten Tage, wurde dir gleichfalls hinweggerafft; deine
Kinder sahst du alle -dahingehen, deine schöne Umgebung
musstest du in bitterer Not bei einer öffentlichen Auktion
verschleudern, selbst starbst du vergessen, alt, arm, ohne
anderes Besitztum als Kleider und Palette." — Bei derartigen
Überlegungen erwärmen wir unsere Herzen und schmähen
stillschweigend das Fatum und Rembrandts Zeitgenossen,
die ihm das alles antaten. Mit Unrecht, ganz und gar mit
Unrecht!

Wer nicht alles dieses und noch zehnmal mehr durchmachen
möchte, um nur ein Zehntel eines Rembrandt sein zu
können, der versteht von Rembrandts Kunst und Kunst im
allgemeinen nicht das geringste. Toren sind wir, mit unserem
bemitleidenswerten Mitleid, wenn wir nicht begreifen, wie
gering, wie schmutzig gering das Leben mit allem, was es
bringen und nehmen kann, der unantastbaren Majestät der
Kunst gegenübersteht. Lass die Geschichte den treffendsten
und rührendsten Kleinigkeiten und Episoden des Künstlerlebens
nachschnüffeln, die Kunstgeschichte rechnet nur mit dem Un-


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