Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
22.1906
Seite: 315
(PDF, 69 MB)
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Zu Rembrandts 300jährigem Geburtstag

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als eine heitere Neugeburt. Unter Dürers Einfluss, dessen
geistige Größe sie selten oder nie erreichen, zeigen sie doch
viele Züge, die wir bei den Nürnbergern nicht finden, und
vor allem einen holländischen bäurischen Humor, der dem
stattlichen deutschen Bürger sein Leben lang fremd geblieben
ist. Etwas Ähnliches ist mit Jan van Scorel der Fall. In
seinen feierlichen, religiösen Gemälden ist er etwas sicherer,
aber noch weniger originell wie Lukas. Das eine Mal sucht
er seine Vorbilder in Italien, das nächste Mal in Deutschland.
Der eine Gegenstand liegt ihm besser als der andere. Aber
im allgemeinen ist es unmöglich, in diesem Teil seiner Kunst
einen einheitlichen persönlichen Stil wiederzuerkennen. Sehen
wir uns aber seine Porträts an. Mit derselben Liebe, womit
Lukas sich in das Volkstümliche vertieft, geht Scorel auf das
eigenartig Individuelle seiner Auftraggeber ein. Sobald er ein
Bildnis zu malen hat, ist es aus mit Manierismus und Tradition
. Wir finden hier nichts mehr von dem Objektiven und
Durchgeistigten der Flamländer, nichts von Holbeins erhabener
Kühlheit, und auch nichts von der schwungvollen, aber etwas
hohlen Grandezza eines Massys oder Mabuse. Es erinnert
nicht an Italien und nicht an Deutschland, aber es hat eine
rücksichtslose Subjektivität, eine durchaus gesunde Abneigung
gegen malerische Rhetorik, eine freche Unverfrorenheit in
der Wiedergabe des Hässlichen, aber Typischen, kurz es zeigt
zum erstenmal deutlich die Merkmale, durch die auch die
. holländische Kunst ein Jahrhundert später charakterisiert
wird.

Wie sehr auch sonst befangen in einer schwächlichen
Uberlieferung und in einem unnatürlichen Zeitgeist, in der
volkstümlichen Darstellung und im Porträt wagen es diese
beiden Propheten zum erstenmal, sich unabhängig von andern
und nur sich selbst zu zeigen.

Aber die holländische Kunst "würde eine sehr viel längere
Zeit gebraucht haben, um sich von allem, was sie hemmte,
zu befreien, wenn nicht der holländische Geist gerade in den
folgenden Jahren überhaupt einen herrlichen Reinigungs-
prozess durchgemacht hätte.


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