Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
23.1907
Seite: 238
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Waag

saufe — saufen, Dramve = Trauben. Und das ist kein Zufall,
sondern weist au den früheren doppelten Ursprung hin; denn
kurzes ai und au entspricht früherem % und ü, langes aai und
aau dagegen früherem ei und ou, wie hervorgeht aus dem Nebeneinander
von der Laib = Leib = mhd.- Up, der Laaib — Laib
(Brot) = mhd. leip; e Daub = Taube = mhd. tübe, daaub = taub
= mhd. toup. Die gleiche Spaltung in der Aussprache besteht
übrigens auch bei den zusammengesetzten Vokalen äu, eu, die
in der Mustersprache alle als kurzes oi gesprochen, im mittleren
Baden aber auch in der Sprache der Gebildeten als kurzes oi
und langes ooi, in der Karlsruher Mundart als kurzes ai und
langes aai geschieden werden, wieder in Übereinstimmung mit
dem verschiedenen Ursprung: Haiser = Häuser = mhd. hiuser,
hait — heute = mhd. hiute; Baaini = Bäume = mhd. böume,
draaime — träumen = mhd. träumen. Bemerkt sei noch, dass
bei dem langen aau das lange aa so sehr überwiegt, dass nach
pfälzischem Vorbild bei Romeo Formen erscheinen wie glaawe
neben glaauiue = glauben oder Fraa neben Fraau — Frau;
niemals aber gibt es solche Formen, wo kurzes au = mhd. ü
zu Grunde liegt, also etwa bei saufe = saufen — mhd.
süfen.

Für den Vokalismus der Karlsruher Mundart" ist weiterhin
bezeichnend, dass langes aa der Schriftsprache als langes oo erscheint
wie übereinstimmend im Alemannischen und Pfälzischen
in den Fällen, wo schon im Mittelhochdeutschen langes ä vorhanden
war, wie in Oowend = Abend = mhd. äbent, schloofe
= schlafen = släfen, Moose = blasen = blasen, nicht aber
etwa in saage = sagen = mhd. sägen. Bisweilen kommen aber
bei Romeo in Anlehnung an die Schriftsprache Formen vor wie
Saaifeblaas = Seifenblase, raate = raten — mhd. raten. Ferner
geht die Lautgruppe -ir- vor folgendem Konsonant in -er- über:
Hern — Hirn, erdesch — irdisch, erre = irren, und entsprechend
auch die Lautgruppe -ür- vor Konsonant, nachdem
sie zunächst die Lippenrundung aufgegeben hatte und zu -ir-
geworden war: Ferscht — Fürst, Berger — Bürger, schterze
= stürzen. Und während schwachbetonte Vokale gar häufig
schwinden wie in g'lecse = gelesen, hob — habe, drum — darum,
so entstehen zwischen l oder r und folgendem Konsonant bisweilen
Zwischenvokale, wie in Millich — Milch, Schtrollich
= Strolch, Völlik — Volk, arrig = arg.


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