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Zum ländlichen Hausbau
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gedeckte Arbeitsstätte vor dem Haus bieten. Mehr in die
Wellentäler des stärker eingekerbten Gebirgs geduckt, hat das
Haus des hohen Schwarzwalds, wenn auch genug, doch weniger
vom Sturme zu leiden als das Haus der ungedeckten freien Hochebene
des Hotzenwalds. Wir sehen daher beim letztern nur ganz
niedere Hauswände und tief herabreichendes Ganzwalmdach. Wir
sehen den freien Platz vorm Wohnraum zu einer völligen Laube
ausgebildet. „Schild" wird er genannt von dem deckenden Schild
des Dachs. Dies strohgedeckte alemannische Mittelgebirgshaus
stellt für die Landschaft und ihre Anforderungen an Menschenwohnungen
das Zweckmäßigste und Vollkommenste dar, das
ersonnen werden kann, falls es gelingt die für unsre Zeit allzugroße
Feuergefährlichkeit zu mindern. Das kann aber nicht
geschehen durch Auflegen einer harten Ziegeldeckung, wie sie
jetzt amtliche Vorschrift ist, denn kein Ziegeldach hält auf diesen
Höhen Sturm, Regen und Schnee und ebenso große Hitze ab
und die künstliche Wärme des Innern zusammen. Da muss auf
andere Mittel und Wege gesonnen werden, und diese sind, wie
mir scheint, gefunden, so dass wir in der Lage sind, uns der
Sache anzunehmen.
2.
Das feuerfeste Strohdach.
Einem Aufsatze des Malers Hans am Ende in Worpswede
in Sohnreys Deutscher Dorfzeitung vom 24. Februar 1907 entnehme
ich darüber folgendes:
Die Erfindung ist von einem Herrn Gernentz in Thürkow
gemacht. Die Herstellung des Dachs beginnt mit der Anfertigung
von Strohplatten von 75 cm im Geviert. Dazu ist
ein hölzerner Doppelrahmen mit Scharnieren und Haken nötig;
das Stroh wird in diesen Rahmen eingelegt und mit Draht
durchnäht, so dass es in Plattenform zusammenhängt. Gleichzeitig
wird in einem Bottich aus Lehm mit einem gewissen Zusatz
von Maurergips und Gallwasser (aus Teerschwälereien) ein
dünnflüssiger Brei bereitet. In diesen werden die Strohplatten
so lange eingetaucht, bis sie richtig durchtränkt sind. Dann
werden sie nass auf die belattete Dachfläche gebracht und in
der Weise doppelter Pfannendächer auf die Latten genagelt, so
dass sie also soviel übereinander fassen, dass sie überall in doppelter
Stärke aufliegen. Die Lattung ist die des bisherigen Stroh-
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