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Bastian
Austritt aus dem Orden zusammen und wurde am 6. Mai 1609
vollzogen.
Der Umstand, dass Rettich noch im selben Jahre eine zweite
Ehe einging, könnte den Verdacht erwecken, dass äußerliche
Interessen ihn zu seinem Schritt verleitet haben. Es ist nicht
sehr wahrscheinlich, dass Rettich sich schon vorher mit Heiratsplänen
trug, sonst hätte er wol nicht sieben Monate gewartet,
um sie auszuführen. Dazu kommt noch, dass die Braut ein
Kolmarer Bürgerkind war und dass sich der frühere Kapuziner
im Spätjahr 1609 nach dieser Stadt wendet, wo er den Rat
bittet, ihn „in schütz vnd schirm vff vnd anzunehmen" l6. Hier
haben sich wol bald gute Freunde seiner angenommen, ihm
vielleicht sogar in den Ehestand verholfen. Den 8. November
1609 als Hochzeitstag nach Israels „Glückwünschung" finden
wir durch die Heiratsurkunde bestätigt11. Damit ist auch Israels
Bericht zu Ende.
Seine weitere Versorgung fand Rettich bei Markgraf Georg
Friedrich von Baden. Unterm 20. Dezember 160918 empfiehlt
der Kolmarer Magistrat dem bekannten Vorkämpfer der lutherischen
Sache den „ehemalen berühmt gewesten Capuziner".
Ein Aktenband des Großherzoglichen Haus- und Staatsarchivs
zu Karlsruhe19 enthält Berichte Rettichs an Georg Friedrich
nebst den darauf ergangenen Antworten und Verfügungen.
Rettich ist Amtsverweser zu Mühlberg und als Unterhändler
beim Abschluss des Bündnisses mit den reformierten Schweizerkantonen
tätig, auf welches sein Landesherr, als der lange
vorausgesehene Religionskrieg ausbrach, so vergebliche Hoffnungen
setzte. Er erwähnt am 12. Februar 1612 seinen früheren
mehrjährigen Aufenthalt in der Schweiz20, am 19. März Nach-
16 Stadtarchiv Kolmar. Ratsprotokolle von 1604—1614 fol. 452
(1609 Sambstags den 2. Septembris): „Walter Rettich in schurm auff-
genohmen.11
17 Stadtarchiv Kolmar. Heiratsurkunden 1609 Nr. 27. 8. Nov.
H. Gwalther Rätich, H. Gwalther Rätichs, Ampmans zu Dachstein s. Son
und Maria, Bernhart Schnellens s. dochter.
18 Stadtarchiv Kolmar. Missivenbuch.
19 Großh. Haus- und Staatsarchiv I. Personalien in Baden-Durlach.
5. Bez. z. Ausland (Schweiz).
20 „weil ich aber bey solchen Regimentern vnd in der Eydgenoß-
schaft edlicher Jahr gewesen vnd derselbigen gelegenheit vnd procedieren
zimlicher massen erkhundiget" . . .
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