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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1966/0029
Der schwäbische Adel

Doch zeichnen sich eine Reihe von Ergebnissen ab, die Form und Entstehung mittelalterlicher
Adelsherrschaft charakterisieren. Daß sich im 11. Jahrhundert ein grundsätzlicher
Wandel in der Struktur des Adels vollzogen hat, ist schon in der älteren
Forschung erkannt worden. Die Ausbildung der adligen Familie zur Adelsherrschaft
hat im Bau der Stammburg, des Herrschaftssitzes, und in einer neuen Nomenklatur
, die das nunmehrige Herrschaftszentrum in den Namen einbezog, ihren greifbaren
Ausdruck gefunden. Statt der bisherigen Einnamigkeit wird die Zweinamig-
keit zum Kennzeichen adliger Namengebung. Die Grafen Burchard und Wecil v.
Zollern, deren gewaltsamer Tod im Jahre 1061 zu mancherlei Interpretationen Anlaß
gegeben hat!>, bilden den wohl frühesten Beleg für eine schwäbische Adelsfamilie
30, an deren Benennung nach Burg und Herrschaftssitz abzulesen ist, daß sie
ihre Amtsstellung zur Adelsherrschaft konsolidiert hatte. Noch im gleichen Jahrhundert
folgen andere nach, wie dies die schon zitierten Untersuchungen über die
Grafen v. Pfullendorf, Lenzburg, Calw die Weifen 32 und andere im einzelnen
gezeigt haben.

Von hier aus wäre ein Exkurs über die Beziehungen des Adels zu den Klöstern
seines Raumes zu führen. Dies hieße, hier einen eigenen Abriß über die Erforschung
des benediktinischen Mönchtums in Schwaben zu geben, was ohne Zweifel den Rahmen
dieses knappen Berichts sprengte. Bekanntlich hat der Adel ja nur in begrenztem
Maße zu einer literarischen Selbstdokumentation gefunden83 und bedarf des
Klosters, in dem seine Taten und Wohltaten stilisiert und niedergelegt worden
sind M. So bilden Adel und Kloster ein unzertrennbares Ganzes: Das Kloster als geistiger
wie als kulturell-wirtschaftlicher Bereich war ein Bestandteil der Adelswelt,
aus der sich seine Mönche rekrutierten 35. Der Adel aber bedurfte des Klosters, in
dem er innere Einkehr und geistliches Refugium fand. Das spätere 11. und das 12.
Jahrhundert bilden die Zeit der großen adligen Klosterstiftungen. Weingarten und
Zwiefalten, Allerheiligen und St. Georgen, Hirsau und Alpirsbach legen Zeugnis ab
für den religiösen Eifer des Adels in den Jahrzehnten der klösterlichen Reformen
und für sein Bestreben, das Ansehen der neu begründeten Herrschaft auch im geistlichen
Bereich zu demonstrieren und dem weltlichen Familiensitz ein klösterliches
Korrelat an die Seite zu stellen. Insofern war der Schritt, Adel und Kloster in ihren
gegenseitigen Bezügen darzustellen, ein äußerst fruchtbarer Forschungsansatz. An
die Stelle einer im Sinne einfacher Familienstränge verstandenen Adelsgenealogie
trat die Betrachtung einer breiten adligen Gesellschaft, aus der dann die führenden

** Zur Forschungslage R. Seigel, Die Oberlieferung der ersten Erwähnung des Hauses Hohenzollern
von 1061, Hohenzollerische Jahreshefte 21 (1961) S. 23 ff.

50 H. Maurer, Die Burg im Gefüge der mittelalterlichen Herrschaft. Vortrag vor der Arbeitsgemeinschaft
f. geschichtl. Landeskunde am Oberrhein (18. Prot, über die Arbeitssitzung vom 23. 2. 1962)

sl Außer K. Schmiä, Kloster Hirsau (vgl. Anm. 28) jetzt W. Kurze, Adalbert und Gottfried v.
Calw, ZWLG 24 (1965) S. 242—308

51 R. Goes, Die Hausmacht der Weifen in Süddeutschland, Diss. phil. Tübingen 1960 (ungedr.)

" K. Hauck, Haus- und sippengebundene Literatur mittelalterlicher Adelsgeschlechter, MIÖG 62
(1954) 121 ff.; unter verwandter Fragestellung Ä". Schmid, Religiöses und sippengebundenes Gemeinschaftsbewußtsein
in frühmittelalterlichen Gedenkbucheinträgen, DA 21 (1965) S. 18 ff.

M H. Patze, Adel und Stifterchronik. Frühformen territorialer Geschichtsschreibung im hochmittelalterlichen
Reich, Bl. f. dt. Landesgesch. 100 (1964) S. 8 ff. und 101 (1965) S. 67 ff.

35 K. S&reiner, Sozial- und standesgeschichtliche Untersuchungen zu den Benediktinerkonventen im
östlichen Schwarzwald, 1964 (Veröff. der Komm. f. geschichtl. Landeskunde in Baden-Württemberg
Reihe B Bd. 31)

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