http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1966/0040
Stettner
Um 1300 wird Unteriflingen kaum mehr als 6 bis 8 Höfe umfaßt haben.
Und diese paar Menschen sollten eine so umfangreiche Anlage allein aus sich
heraus gebaut haben? Warum dann gerade sie, die doch abseits vom Verkehr
lagen, während andere, an belebten Verkehrsstraßen gelegene und deshalb stärker
gefährdete Orte nichts unternahmen? Und wenn man schon von Unteriflingen aus
eine Schutzzone schaffen wollte, warum ging man dann hinunter zum Rockesberg,
der ja vom heutigen Dorf aus gesehen gar kein Berg ist, und nicht hinauf zu dem
näher gelegenen Taischwang (675,5 m) südlich des Dorfes?
Der Codex Hirsaugiensis 10 erwähnt in einer wohl aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts
stammenden Notiz den Rockesberg, was Goessler entgangen zu sein
scheint. Es heißt dort: Gunso von Hundersingen hat (an Kl. Hirsau) Rockesperg
und in Haslach 2 Huben und 4 Hörige (mancipia) gegeben. Die Bezeichnung Rok-
kesberg ist unbestimmt, aber in Verbindung mit Haslach wird man nicht an einen
bewaldeten Platz denken, sondern ebenfalls an eine Siedlung, die einen Flurnamen
trägt wie so viele andere aus der späteren Ausbauzeit. Doch dürfte das nicht die
Stadt sein, sonst wäre das wohl angedeutet, sondern ein dörflicher Vorgänger in
ihrer Nähe. Femer hat nach derselben Quelle (um 1100) Graf Alwig von Sulz eine
Hube und einen Weinberg in Bocksberg geschenkt. Der Herausgeber des Codex,
E. Schneider, vermutet, daß auch hier Rocksberg zu lesen ist. Wenn das richtig ist
dann würde damit bestätigt, daß es einmal eine bäuerliche Vorgängersiedlung Rocksberg
gegeben hat, die zum Glattal orientiert war oder gar unten lag; nach Johann
Oetingers Landbuch von 1624 führte der unterhalb der ehemaligen Stadt am Wasser
liegende Platz den Namen Rockesberger Wasen.
Natürlich war der Rockesberg nie ein bedeutender Marktort, doch scheint mir
Goessler die volksübliche Bezeichnung Markt für die ganze Anlage und die Pflasterung
, von der Oetinger und Paulus berichten, allzuleicht beiseitezuschieben. Oetin-
ger sieht Rockesberg als eine abgegangene Stadt an und erwähnt Stadtgraben und
Markt; damit aber sind schon die wichtigsten Elemente der mittelalterlichen Stadt
gegeben. Und wenn der von Goessler beobachtete sehr große Raum wirklich eine
Kapelle gewesen ist, würde mich das noch in meiner Auffassung bestärken, wie unten
bei der Altstadt Ehingen zu zeigen sein wird.
Daß der Rockesberg längere Zeit und nicht nur vorübergehend wegen militärischer
Bedrohung bewohnt war, ergibt sich aus der Tatsache, daß von ihm ein
Familienname Rock(e)sberg abgeleitet wurde, der seit dem Ende des 14. Jahrhunderts
am oberen Neckar nachzuweisen ist: Hensli Roggsperg wird in einer Horber
Steuerliste von 1394 erwähnt und ist 1396-98 hohenbergischer Amtsvogt in Horb
Pfaff Conrat Rogsperg gehört zu den ersten Chorherren des in Horb 1387 errichteten
Stiftes; er ist 1390 in Rom gestorben. In Sulz begegnet 1382 ein Heiligenpfleger
Walter Rogsperg; vermutlich waren seine Söhne der 1412 genannte Schultheiß
Auberli Rogsperg und der Frühmesser Johannes Rogsperg von 1417ls. Noch im
10 Codex Hirsaugiensis im Anhang zu Württ. Vjh. f. Landesgeschichte X (1887) S. 28 f. (fol. 29a
und 30b).
11 Karlheinz Schröder, Weinbau und Siedlung in Württemberg (Forschungen zur Deutschen Landeskunde
), Remagen 1953, bringt nur vereinzelte Belege für Weinbau in der Tübinger Gegend aus
dem 11. und 12. Jh.; am Schwarzwaldrand wäre erst im 16./17. Jh. damit zu rechnen (S. 43 ff.,
S. 158 f. und Karte 4).
12 K. O. Müller a. a. O. S. 87 und S. 17 ff.
18 Diese Angaben verdanke ich Hans Rommel; s. Freudenstädter Geschichtsblätter v. 8. Okt. 1966.
38
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1966/0040