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Natale

A Vorgeschichte

I. PASSLAND GRAUBÜNDEN

Zur Einführung soll einiges über Graubünden gesagt werden, das heute als
räumlich größter Kanton zur Schweiz gehört, bis 1803 aber ein selbständiges, dreisprachiges
, seit der Reformation konfessionell gemischtes Staatswesen war. Kein
anderes Alpenland besitzt eine solche Zahl verhältnismäßig leicht passierbarer Paßübergänge
. Sie wurden schon in prähistorischer Zeit begangen. Ihre Wichtigkeit
veranlaßte die Römer, im Jahre 15 v. Chr. im Feldzug des Drusus und Tiberius
Rätien zu unterwerfen. Die militärische Bedeutung des rätischen Paßlandes bestätigt
auch ein in Cassiodors „Varia" VII, 4 überliefertes Schreiben des Ostgotenkönigs
Theoderich, in welchem er die beiden Rätien als Bollwerke und Schlösser zu Italien
(munimina et claustra Italiae) bezeichnet5.

Das Mittelalter hat die rätische Paßtradition weitergeführt. Außer den Rompilgern
und Bischöfen benutzten die deutschen Könige und Kaiser des Mittelalters
gern die Bündner Pässe, neben Otto I. besonders Friedrich Barbarossa auf seinen
zahlreichen Zügen über die Alpen, nicht zuletzt deshalb, weil die Brenner- und
Etschroute mit der Salurner Klause ihnen oft vom Veroneser Bund gesperrt war.
Da der Transithandel ebenfalls die Bündner Pässe bevorzugte, war Graubünden
jahrhundertelang eines der wichtigsten europäischen Durchgangsgebiete im Handel
und Verkehr des Nordens mit den italienischen Handelsstädten Venedig, Pisa,
Genua und Mailand. Die gewinnbringenden Einnahmen aus dem Transit bildeten
die eigentliche Existenzgrundlage der Bündner Paßtäler. Einzige ernsthafte Konkurrenten
waren im Westen der wesentlich schwieriger zu überwindende St. Gotthard
und im Osten der Brenner.

Erst durch die Eröffnung der Gotthardbahn (1882) wurde mit Graubünden
die gesamte Ostschweiz ein isoliertes und wirtschaftlich zurückgebliebenes Gebiet,
da die Gotthardbahn die Stillegung der einstigen internationalen Handelswege
durch Graubünden und damit einen ungeheuren wirtschaftlichen Rückschlag zur
Folge hatte. So konnte es kommen, daß 1885 der Frankfurter Stadtpfarrer und
Kunsthistoriker Ernst Franz August Münzenberger in seinem Werk über die mittelalterlichen
Altäre Deutschlands * die Kantonshauptstadt Chur „einen dem Weltgetümmel
fern liegenden Bischofssitz" 7 nannte.

In dem zur Zeit im Ausbau befindlichen ostschweizerischen Hauptstraßenzug
N 13 vom Bodensee zum Lago Maggiore mit Tunnel durch den Kleinen St. Bernhard
sieht Graubünden eine erfolgversprechende Möglichkeit, dem Land wiederum
zu einem ganzjährigen erhöhten Transitverkehr zu verhelfen, auch wenn dieser
die zwar versprochene, aber bis heute nicht gebaute Ostalpenbahn nie ganz ersetzen
kann.

5 Vgl. Erwin Poeschel, Das Burgenbuch von Graubünden, Zürich und Leipzig 1930, S. 14; Rudolf
Jenny, Graubündens Paßstraßen und ihre volkswirtschaftliche Bedeutung in historischer Zeit, mit
besonderer Berücksichtigung des Bernhardinpasses, Chur 1963, S. 23.

' Ernst Franz August Münzenberger (fortgesetzt von Stephan Beissel SJ), Zur Kenntnis und Würdigung
der mittelalterlichen Altäre Deutschlands, 2 Bde., Frankfurt a. M. 1885—1905.

7 Münzenberger, a. a. O., II 101.

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