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Kaufhold
Zimmerisdie Chronik berichtet darüber *. Ausführlich schrieben auch Karl Theodor
Zingeler2 und Eugen Schnell3 über die Tat und ihren Prozeß.
Das Relief soll ursprünglich an dem nach einem Brande von dem Grafen Felix
von Werdenberg wiederaufgebauten Frauenkloster (1526/27) in Laiz angebracht gewesen
sein4. Sigmaringen gehörte damals zur Pfarrei Laiz.
Urkunden berichten ausführlich über die Kirchenbußen, die niemals abgehalten
wurden, da sich der Prozeß bis zum Tode des Grafen Felix (1530) hinzog5.
Das rechteckige Relief ist von einem mit Blattranken verzierten Rahmen mit gekröpftem
Gesims und flachem Bogen eingefaßt. Im Bogen hängen zwei Lorbeergirlanden
mit Spruchband: „Mater Dei, memento mei." Die Zwickel füllen zwei
geflügelte Drachen. Vor dem mit Akanthusblättern gemusterten Hintergrund sitzt
auf reichornamentiertem Sessel Maria mit dem toten Sohn. Links von der Pietä
kniet Graf Felix von Werdenberg, barhäuptig, mit gefalteten Händen, in voller
Ritterrüstung mit dem Orden des Goldenen Vließes, den ihm 1516, trotz des Prozesses
, Kaiser Maximilian verlieh. Rechts steht das Wappen des Grafen. Der gevierte
Schild zeigt in 1 und 4 die dreilatzige Fahne (Pfalzgräflich Tübingische Fahne) und
in 2 und 3 einen Zickzackschrägbalken (Heiligenberger Stiege). Die doppelte Helmzier
darüber bilden Mitra und Bracke. Ranken und Kette des Goldenen Vließes umgeben
das Wappen. Auf dem unteren Rand des Reliefs steht eine Inschrift in erhabenen
Minuskeln: „Felix graff zu werdenberg un(d) zuo dem hailgenberg: 1526."
Die Ausführung des Reliefs verrät einen bedeutenden Meister. W. Lübke schreibt
darüber: „Zu den frühesten datierten Werken unserer (südwestdeutschen) Renaissance
gehört die merkwürdige Votivtafel vom Jahre 1526, welche man über dem
Haupteingang des f. Schlosses zu Sigmaringen sieht... Man darf vielleicht auf
einen oberrheinischen Meister aus Konstanz oder Schaffhausen schließen *." Eine
neue Zuschreibung erfuhr das Relief durch H. Sprinz und O. Lossen, die das Werk
einem Augsburger Meister zuschreiben7. Ähnlich urteilt W. Genzmer, der das
Relief noch genauer zu bestimmen sucht: „In der Art Hans Dauchers von Augsburg
8."
Nach Vergleichen mit Kunstwerken unserer Heimat dürfen wir zu der Ansicht
Lübkes, daß es sich um einen Meister aus dem näheren schwäbischen Raum handelt,
zurückkehren. Sehr verwandt scheint mir die Pietä aus der Heiligkreuzkapelle
Hechingen, jetzt in der ehemaligen Klosterkirche Stetten bei Hechingen *. A. Schäd-
ler findet, daß der figurale Stil insbesondere der Sigmaringer Pietä eindeutig nach
Ulm weist. „Für die Ritterfigur ergeben sich gewisse Berührungspunkte mit der
überlebensgroßen Holzfigur des Stephan von Gundelfingen in der Pfarrkirche
1 Zimmerisdie Chronik, hrsg. von Karl August Barack, 2. Aufl., Bd. 2, Freiburg und Tübingen 1881,
S. 235 ff.
8 Karl Theodor Zingeler, Der Werdenberg-Sonnenbergsche Streit, Mitt. des Vereins für Geschiditc
und Altertumskunde in Hohenzollern 17 (1883/84) S. 1—47.
5 Eugen Schnell, Geschichtliche Bilder und Erzählungen, Bd. 2, Ravensburg 1867, S. 32 ff.
* Anton Schlade, Das Donau-Thal, Sigmaringen 1883, S. 131; vgl. Zingeler, a. a. O., S. 30 Anm. 1.
s Vgl. Zingeler, a. a. O., S. 23 ff.
* Wilhelm Lübke, Geschichte der deutschen Renaissance, 1873, S. 956; vgl. Zingeler, a. a. O., S. 29 f.
7 Heinrich Sprinz - Otto Lossen, Die Bildwerke der Fürstlich Hohenzollernschen Sammlung, Sigmaringen
- Stuttgart 1925, S. IX m. Abb.
8 Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, hrsg. von Walther Genzmer, Bd. 2, Kreis Sigmaringen,
Stuttgart 1948, S. 320 f.
* Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, Bd. 1, Kreis Hechingen, Hechingen 1939, Abb. 477.
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