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Biemer
Als das Philosophiestudium auf Drängen des Augsburger Magistrates 1727 auf
zwei Jahre beschränkt worden war, hörte man im ersten Jahr Prolegomena und
Logik, im zweiten Jahr Physik, Naturgeschichte und Ethik 5*. Im Jahre 1768, also
ein Jahr bevor Menne St. Salvator verließ, studierten am Lyzeum 274 Studenten.
Das Milieu beider Schulen von St. Salvator war aber nicht nur vom reinen Lehr-
und Lernbetrieb bestimmt. Sie traten auch immer wieder mit Theaterstücken und
Singspielen an die Öffentlichkeit. So war es üblich, daß die Schüler der Rhetorik
und Poesie dreimal jährlich Deklamationen in lateinischer Sprache abhielten. „Ferner
führte während des Schuljahres fast jeder Professor oder Magister seine Schüler
auf das Theater und trug mit ihnen ein dramatisches Spiel vor." 57 Das Schul-
tneater hatte großen Einfluß auf die Stadtöffentlichkeit. Jahr um Jahr zog es viele
Zuschauer an und führte ihnen die geistlichen und patriotischen Stücke vor58. Sie
waren historischen oder allegorischen Inhalts und hatten zumeist moralischen, belehrenden
Charakter. 1761 zum Beispiel spielten die Schüler Ptolemaeus Rex Cypri,
1762 Fridlandus, 1763 Justa Patris in Filium impium Severitas, 1765 Mauritius,
1766 Sanctius Martyr, 1767 Paulinus usw.59. Zum Beispiel gelangten allein im
Jahre 1762 folgende Spiele zur Aufführung: im Februar „Die in der Faßnacht spielende
, durch die Fasten gebesserte Affecten", im Mai „S. Justinus, Amoris fraternis
victima", im Juni „Puer Tragoedus" und „Corvus deplumatus" ,0.
Einer der Höhepunkte in der Spieltradition von St. Salvator während der
Schul- bzw. Studienzeit von Bartholomäus Sympert Menne war das Spiel zu Ehren
des neuen Bischofs Clemens Wenceslaus, das man im Jahre 1769 aufführte M.
Diese Spieltradition mag die ansonsten strenge Zucht von St. Salvator etwas
aufgelockert haben. Dennoch fügen sich die Themen der einzelnen Spiele gut in das
Gesamtbild ein, das die Schulgesetze entwerfen. Von den Gymnasiasten heißt es in
den Schulgesetzen: „ 1. Alle sollen wissen, daß sie hier nicht minder zur Tugend und
Frömmigkeit als zur Wissenschaft unterrichtet werden ...
2. Sie sollen wenigstens alle Monat zur bestimmten Stund und an bestimmtem
Orte beichten, täglich die Heilige Meß, an Sonn- und Feiertagen die Predigt hören
und fünf mal im Jahr, nämlich zu Weihnacht, Ostern, Pfingsten, Maria Himmelfahrt
und Allerheiligen, die heilige Kommunion empfangen." 62
Demgemäß waren die Schulen von St. Salvator auch im geistigen Bereich ausgerichtet
. Monatlich hielten die Lehrer in einem „Circel" Prüfungen ab und zweimal
im Jahre gab es ein „rigoroses Examen" **. Im Rahmen des Lyzeums wurden immer
5* Vgl. Duhr II 240. — 1766 legte man ein eigenes physikalisches Kabinett an, um damit dem naturwissenschaftlichen
Studium Auftrieb zu geben.
57 Braun, Jesuiten 168.
58 Vgl. Duhr II 240.
58 Ebenda Anm. 4.
60 Vgl. St. Salvator, Dissertationen, Schulcomödien, Sing- und Fastnachtsspiele von 1604 bis 1794,
in: Archiv der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, Augustana 424, 8° und 4°.
61 Braun, Jesuiten 93.
« Ebenda 160 f.j vgl. ebenda 162-167.
68 Ebenda 159.
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