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Biemer
geistiges und geistliches Leben auf die Stadt ausstrahlte. Das Kloster Ad sacrum
sepulchrum stellte seit 1640 innerhalb der Straßburger Rekollektenprovinz, zu der
die Augsburger Franziskaner damals noch gehörten, einen Mittelpunkt dar95. Fast
alle Provinzkapitel wurden dort abgehalten. Es war der Ort jährlicher, öffentlicher
Disputationen 96 und der Ausgangspunkt zahlreicher Publikationen. „Für die Stadt
Augsburg hatte die schriftstellerische Fruchtbarkeit der franziskanischen Lektoren
eine nicht zu übersehende wirtschaftliche Bedeutung. Zusammen mit dem Konvent
in dem nahen Kloster Lechfeld... gaben die Augsburger Franziskaner so viele
Werke bei örtlichen Verlegern in Druck, daß sie zu dem Aufschwung des Augsburger
Buchgewerbes im späteren 17. und 18. Jahrhundert ebensoviel beitrugen wie
die Jesuiten 97. Selbst Augsburger Künstler haben von der franziskanischen Lehrtätigkeit
Vorteil gehabt. Manches der umfangreichen Thesenblätter, die aus Anlaß
von Disputationen gedruckt wurden, geht auf die geistigen Übungen im Kloster
der Observanten zurück." 98
Diese erfaßbaren und andere, nicht erfaßbare Gründe haben Menne dazu bewogen
, sich mit vielen anderen „Supplikanten" 99 als Aspirant im Kloster zum
Hl. Grab anzumelden.
95 Die Franziskanerkonventualen hatten in Augsburg schon eine Jahrhunderte alte Tradition. (Vgl.
K. Haupt, in: Bavaria Franciscana Antiqua V 341—421). Sie wurden 1221 vermutlich unter Bischof
Siegfried von Rechberg am Stravansthor, dem späteren Barfüßertor, erstmals ansässig. (Nach
Joseph Kränzler, Die Minoriten in Augsburg, in: Augsburger Postzeitung 1884, Beilage Nr. 7 und
8), war ihre erste Niederlassung unter Bischof Siboto 1243). — Nach den Reformationswirren
erhielten sie 1587 unter Bischof Marquard II. von Berg (1575—1591) vom Domkapitel einen Domherrenhof
an der St. Barbarakapelle (vgl. Braun, Bischöfe IV 58). — Die von Italien kommenden
Franziskanerobservanten wurden mit Hilfe der Gebrüder Fugger und des Domkapitels 1614 nach
Augsburg geholt, wo sie — mit Ausnahme der Jahre 1633—1635, bis zur Klosteraufhebung im
Kloster Heiligen Grab ihren Konvent hatten. (Vgl. K. Haupt, in Bavaria Franciscana Antiqua
V 495-526).
96 Unter den in der SSA (Augustana 345 4°) aufbewahrten Disputationsthemen der Augsburger
Franziskaner seien folgende kurz genannt:
„Aliquid et pene nihil hoc est minima relationis entitas ad mentem doctoris subtilis Joann. Duns
Scoti." 1708;
Quaestiones selectae ex materia de legibus cum parergis ex universa theologia ad mentem Doctoris
subtilis Joannis Duns Scoti" 1708;
„CentVrla thesIVM SCotl PhlLosophICa pVbLICae ConCertatlonI bis eXposIta" 1735;
„Theses dialectico-scoto-philosophicae" 1757;
„Dissertatio de SS. Patrum et Doctorum Ecclesiae Authoritate adversus Cacodoxos praecipue ador-
nata" 1761;
„Dissertatio conciliaris una cum propositionibus theologicis" 1768;
„Positiones Philosophicae" 1772;
„Positiones ex institutionibus philosophicis selectae" 1774;
„Positiones ex universa Philosophia" 1780;
„Adsertationes philosophicae cum notis historicocriticis" 1781;
„Positiones philosophicae" 1781; usw.
87 K. Haupt gibt hier in seiner Anmerkung (36) die Drucker, bzw. Verleger franziskanischer Werke
an. Darunter sind Joseph Ant. Labhart Vidua um 1770, Joh. B. Merz um 1792—1802, Ignaz
Wagner um 1795, Anton Veith um 1802, Chr. Kranzfelder um 1802, Jos. Ant. Rieger um 1806. -
Oberraschend ist, daß Nicolaus Doli, der so viele Mennesche Werke verlegt hat, nicht als Verleger
der Franziskaner genannt ist.
98 K. Haupt, in Bavaria Franziscana Antiqua V 522.
99 Felder I 471.
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