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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1968/0185
Besprechungen

von H. Maurer in seinem oben genannten Budi - erhärtet worden, ohne daß man diese
Annahme konkretisieren könnte. Wenn wir meinen, daß mit den vorsichtigen und knappen
Andeutungen von Hils noch nicht das letzte Wort zu diesen Fragen gesprochen ist, so soll
hier keinen neuen genealogischen Spekulationen, die Hils erfreulicherweise vermieden hat,
das Wort geredet werden. Um zu zeigen, wo unseres Erachtens der Ansatz zu neuem Fragen
liegt, muß etwas ausgeholt werden. Dabei ist von einer weiteren neuen Arbeit auszugehen
.

Nahezu in allen neueren Forschungen zur Geschichte dieses Raumes, und so auch bei
Hils, spielt das Problem der sogenannten Schluchseeschenkung eine bedeutende Rolle. Es
handelt sich dabei um eine 1125 von Heinrich V. bestätigte Schenkung des praedium
Schluchsee an das Kloster St. Blasien, die von mehreren Hochadeligen, unter anderen Herzog
Rudolf von Rheinfelden (dem Gegenkönig), dem Vogt Hezelo von Reichenau (Gründer
von St. Georgen) und Tuto von Wagenhausen, vorgenommen worden war. Diesen
Schenkerkreis bringt man seit langem mit dem sagenhaften Grafen Kuno von öhningen in
Verbindung, dessen erlauchte Nachkommenschaft die Genealogia Welforum beschreibt.
Kuno gilt als der Gründer des unter Otto I. entstandenen Stiftes öhningen am Rheinausfluß
. Über seine Identität und die genealogische Einordnung seiner Nachkommenschaft existieren
zahllose Hypothesen. Für Hils gehören auch die Nellenburger cognatisch zum Verwandtenkreis
um die Schluchseeschenker und Nachkommen Kunos von öhningen. Nun hat
Karl Schmid (Probleme um den Grafen Kuno von öhningen, in: Dorf und Stift öhningen,
hg. von H. Berner, 1966 S. 43-93) einen methodisch glänzenden Versuch unternommen,
das genealogische Gestrüpp um den Grafen Kuno zu lichten. Er geht von der Feststellung
aus, daß die Genealogia Welforum in den Jahren 1125/26 als Ausfluß einer genuin weifischen
Hausüberlieferung entstanden sei, die damals, zu einem Zeitpunkt höchster weifischer
Machtentfaltung, niedergeschrieben wurde. Wenige Jahre zuvor hatte Herzog Friedrich II.
von Schwaben, der Vater Barbarossas, die Weifin Judith geheiratet, die ihm das bis dahin
weifische öhningen, eine Schlüsselposition für die staufische Territorialpolitik im Bodenseegebiet
, zugebracht habe. In dieselbe Zeit fällt schließlich der Streit um die Schluchseegüter,
der zum Eingreifen Heinrichs V. und zu einer Formulierung der Schenkungsvorgänge geführt
hat. Schmid folgert daraus, an diesem Schnittpunkt weifisch-staufischer Beziehungen
sei eine mündlich tradierte weifische Hausüberlieferung um den Grafen Kuno von öhningen
, dessen Tochter einen Weifen Rudolf geheiratet haben soll, manifest geworden und in
die welfische Hauschronik eingegangen. Zugleich kann Schmid die Historizität des Grafen
Kuno nachweisen und ihn der Familie der Konradiner zuordnen. Diese hatte mit Hermann
I. (926-49), Konrad (982-97), Hermann II. (997-1103) und Hermann III. (10C3
bis 1012) die schwäbischen Herzoge gestellt, die sich als Repräsentanten der ottonischen
Königsherrschaft in Schwaben zeigten. Ihre Filiation freilich ist noch nicht sicher genug, als
daß man Kuno von öhningen einen gesicherten Platz darin zuweisen könnte.

Das hier Gesagte charakterisiert auch die Forschungssituation um die Nellenburger
Grafen. Wir erblicken sie als Adelsfamilie seit der Mitte des 11. Jahrhunderts, verbunden
mit der Reichenau, bald darauf im Besitz einer namengebenden Burg, eines Eigenklosters,
allodifizierter Reichsrechte. Ihre Vorfahren vermutet man bei den Burkhardingern (so Hils
S. 29, nach Maurer) und im Umkreis Kunos von öhningen (Hils S. 43), nach Schmid also
der Konradiner. Somit stehen die beiden Herzogsfamilien Schwabens im 10. Jahrhundert
am Anfang der Nellenburger Familiengeschichte. Und damit rücken diese zugleich in die
verwandtschaftliche Nähe der Rheinfeldener, Zähringer und Weifen, der Grafen von
Achalm und Altshausen-Veringen, der Herren von Honstetten (Wagenhausen) und der
Gründer von St. Georgen. Mit dieser generellen Feststellung ist für die Nellenburger nicht
mehr gewonnen als die ohnehin kaum zu bestreitende Tatsache, daß nahezu der gesamte
mit Reichsrechten und hohen Ämtern verbundene Adel des 11. Jahrhunderts auch verwandtschaftlich
verflochten ist. Und doch bleibt uns keine andere Möglichkeit, wenn wir
auch den Einzelfall genauer begreifen wollen, als diejenige, uns um das Gefüge, die soziale
Struktur jenes ottonischen Adels zu bemühen, aus dem die führenden Familien des 11. Jahr-

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