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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0043
Fidelis von Sigmaringen

und höchsten Kreisen gewannen sie bedeutendes Ansehen. Schon das sich Herauslösen
aus den bisherigen Zweigen der franziskanischen Bewegung, aus dem Orden
der Konventualen und dem der Observanten, war nur mit Hilfe des Papstes und
protegierender Kardinäle möglich; auch weltliche Fürsten mußten gelegentlich ihre
schützende Hand ausstrecken, um Anfeindungen des jungen Ordens zu überwinden.
Eine große Helferin erstand dem Orden in der bekannten hochgebildeten Frau und
Dichterin der italienischen Renaissance, Vittoria Colonna. Der Name aber, den
diese Männer in der rauhen Tracht der ursprünglichen Franziskanerjünger mit der
langen Kapuze der Einsiedler erhielten, kam aus dem Volk, ja aus Kindermund:
Kinder sahen in ihnen Einsiedler und nannten sie nach ihren Kapuzen „Scapucini",
eine Bezeichnung, die ihnen bis zum heutigen Tag geblieben ist. Unter den Frömmigkeitsübungen
, die sie im Volke heimisch machten, ist vor allem das 40stündige Gebet
zu erwähnen, durch das sie die 40stündige Grabesruhe des Herrn vor dem heiligsten
Sakrament bedachten und dadurch die tiefsten christlichen Geheimnisse vom Erlösertode
Jesu und seiner Auferstehung den Gläubigen nahebrachten.

Fast 50 Jahre blieb der Kapuzinerorden nur auf Italien beschränkt. Ja, es lag
geradezu für den Orden ein päpstliches Verbot vor, Italiens Grenzen zu überschreiten
, obwohl ähnliche Reformbewegungen auch in Spanien und in Frankreich
entstanden waren. Zuerst gelang es von Frankreich aus, diese Schranke zu durchbrechen
: seit 1574 schlössen sich die französischen Reformwilligen den Kapuzinern
an, in Paris, in Lyon. Dann war es vor allem der Erzbischof von Mailand, der
später heiliggesprochene Karl Borromäus, dessen Diözese bis weit in den Tessin
reichte und der alles tat, um die altgläubigen Stände der Schweiz zu stützen und
ihnen Hilfe zukommen zu lassen, der dafür sorgte, daß die Kapuziner in den Ur-
kantonen Eingang fanden. Er hatte schon den Jesuiten in Luzern den Weg bereitet
und ein eigenes Helvetisches Kolleg in Mailand gegründet, um einen tüchtigen
schweizerischen Klerus heranzubilden. Der Konstanzer Bischof Marc Sittich von
Hohenems, zwar leiblicher Vetter des Karl Borromäus, aber ohne dessen Reformeifer
, ein Kirchenmann ohne seelsorgerlichen Eifer und kaum in seiner Diözese
anwesend, tat geradezu nichts, um den Glauben des Volkes zu stärken und katholische
Lande vor den Stößen der Reformation zu sichern. Hätten nicht Regierungen
sidi energisch für eine katholische Reform eingesetzt, wäre vielfach katholisches
Glaubensleben noch mehr zusammengebrochen, als es tatsächlich der Fall war. Aber
was vermag eine Regierung, wenn nicht Männer, voll des Glaubens und selbst
bestes Beispiel gebend, für Christus Zeugnis ablegen? Karl Borromäus sorgte dafür,
daß die Kapuziner als solche Apostel der Liebe und wahrhaft frommen Lebens in
der Schweiz Eingang fanden: 1581 wurde das erste Klösterlein in Altdorf (Kt. Uri)
gegründet, im Jahre danach in Stans in Unterwaiden, 1583 in Luzern an der
Marienwallfahrt auf dem Wesemlin über der Stadt. Dann folgte ein Kloster nach
dem anderen durch die ganze katholische Schweiz oder in den konfessionell gemischten
Bereichen, so in Appenzell 1586, in Zug 1595, im gleichen Jahr auch in
Frauenfeld usw. So gewann dieser Orden eine rasche Verbreitung und ein so großes
Ansehen, daß es eigentlich für die Schweizer bis heute nur zwei interessante Orden
im Lande gibt: die Benediktiner mit ihren alten Stiften, von denen heute noch
Einsiedeln, Engelberg, Disentis und Mariastein existieren und an Bedeutung nicht
verloren haben, und die vielen übers Land zerstreuten kleinen Kapuzinerkonvente,

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