Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0046
Wolfgang Müller

zinern die Möglichkeit bot, auch den politisch unterworfenen Protestanten den
katholischen Glauben zu predigen, um möglichst viele von ihnen zu gewinnen. Andererseits
ist auch verständlich, daß die streng protestantisch Gesinnten nicht nur um
den Bestand ihres Glaubens unter der neuen Herrschaft bangten, sondern auch
patriotische Gedanken der politischen Freiheit mit ih^eja,Karnp£j«jen Österreich
verbanden. In diese spannungsgeladene Atmosphäre wurde nun der Guardian von
Feldkirch, Fidelis von Sigmaringen, entsandt. Die Erregung war dadurch noch besonders
gestiegen, daß einige angesehene Protestanten den Übertritt zum katholischen
Glauben der neuen Herrscher vollzogen hatten, so daß weitere derartige
Konfessionswechsel zu erwarten waren.

Fisjjgjis war in den ersten Monaten des Jahres zwischen Feldkirch, wo er die
Fastenpredigten hielt, und den rätischen Tälern vieTljnterwegs. Während er dort
sich selbst und die Katholiken der Stadt durch Einkehr und Buße auf die Feier des
Osterfestes vorbereitete, predigte er unter den halb Willigen und vielen Unwilligen
immer wieder von neuem über die Wahrheiten des katholischen Glaubens. Wir
müssen annehmen, daß dabei sein Kontakt mit dem österreichischen Regiment des
Landes eng war. Als der Konvertit Anton von Gugelberg aus Malans ermordet
wurde, gab man ein strenges Religionsmandat heraus, das die Billigung^ des JP. Fidelis
fand, aber hinterher als zu scharf von der Innsbrucker Regierung verworfen
wurdeT Es verfügte die Verbannung der reformierten Prädikanten, Verbot des
protestantischen Gottesdienstes, auch geheimer Zusammenkünfte, und gebot, katholische
Predigt anzuhören; doch sei keiner gezwungen, den Glauben zu wechseln,
auch nicht die Messe zu besuchen oder zu beichten, wenn er nicht überzeugt sei.

Auf den Tag, auf den ein Aufstand gegen die österreichische Herrschaft geplant
war - es war der 4. Sonntag nach Ostern, der 24. Apiril -, lockte man Fidelis nach
dem fast 1000 m hoch über dem Tale liegenden ECäjxcjtt.See.wis, damit er dort eine
Predigt halte. Wie üblich ging Fidelis mit einer kleinen SAWÄSfÄthe unter einem
Hauptmann zu dieser Kirche. Während er predigte, erhoben sich allerorten die
Aufständischen, überwältigten auch hier die vor der Tür stehenden Soldaten. Im
entstehenden Tumult drängte alles aus der Kirche. Nach einiger Zeit ging auch
Fidelis mit dem Hauptmann hinweg. Ein Stück unterhalb der Kirche erschienen
etliche der Aufrührer, nahmen den Hauptmann gefangen und erschlugen, degj£a-
Pi;?.jo?irm"nch,i der offenbar für die Erregten ein besonderes Ziel des Hasses und
der Abneigung geworden war. Der Aufstand erreichte sein Ziel: Die Österreicher
wurden aus dem Prätigau vertrieben. Es gelang auch bei allen Wechselfällen des ja
noch lange dauernden Krieges nicht, dieses Tal der habsburgischen Herrschaft
wieder zu unterwerfen und damit irgendeinen Zugang für den katholischen Glauben
aufzutun.

Während dieser Ereignisse im Prätigau hatte die soeben in Rom gegründete
päpstliche Kongregation de Propaganda fide die Mission in Graubünden zu der
ihren gemacht und Fidelis von Sigmaringen zum Leiter bestellt - eine Ernennung,
die ihn nicht mehr unter den Lebenden antraf. Die Kapuziner, die sich für derartige
missionarische Tätigkeit zur Verfügung gestellt hatten, dürften sich daran erinnert
haben, wie der Orden gerade zwanzig Jahre zuvor in anderen Alpentälern bei der
Rückgewinnung für den katholischen Glauben bzw. bei der Stärkung von Schwankenden
gewirkt hatte: 1602 im Chablais südlich von Genf in savoyischem Bereich

44


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0046