Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0047
Fidelis von Sigmaringen

zusammen mit Franz von Sales) und 1603 im Wallis. Beide Täler haben am Ende

Ob nun solche Missionstätigkeit irgendwo zu einem Erfolg geführt hat oder
ein Mißerfolg war, wir sind allemal zu innerst betroffen bei der Betrachtung derartiger
Ereignisse. Denn im einen und im anderen Fall sehen wir mit Unbehagen
die starke Verflechtung mit den Aktionen der jeweiligen politischen Mächte und
damit den im tiefsten unchristlichen Eingriff in die Gewissensfreiheit. Zumindest
bestand die Verlockung, um äußerer Vorteile wegen oder doch wenigstens, um Leid
und Nachteil zu vermeiden, entgegen der inneren Überzeugung jene Glaubensformen
anzunehmen, die von außen aufgedrängt wurden. Diese Situation gilt für
beide Konfessionen, wir sollten uns gegenseitig dies ganz offen zugestehen und
nichts zu beschönigen versuchen. Sie ist einfach mit dem Prinzip des „Cuius regio,
eius religio" gegeben. Auch dort, wo es einen Weg zur Wahrung der Gewissensfreiheit
anbot in der Bestimmung, daß derjenige, dessen Glauben nicht der des
Herrschenden war, mit seiner Habe auswandern könne, bahnte es nur in seltenen
Fällen und dann eben nur unter dem großen Opfer der Auswanderung und des
Verlustes der Heimat dem Gewissen einen freien Weg. Gegenüber dem Grundgedanken
früherer Zeiten „Die religiösen Lebensformen haben das ganze Leben der
Gemeinschaft so sehr zu durchdringen, daß jeder, der sich von ihnen absondert, sich
gegen diese Gemeinschaft stellt", oder gegenüber der im 16. und 17. Jahrhundert
noch lebhaft zum Ausdruck gebrachten Verantwortung der jeweiligen Regierung
für ihre Untertanen, selbst für ihr ewiges Heil und für ihre moralische Haltung
- man denke nur an die Selbstverständlichkeit der damaligen Sittenmandate, neben
die dann die Religionsmandate traten -, diesem allen gegenüber scheint uns heute
der Respekt vor der Gewissensentscheidung jedes Einzelnen und damit die grundlegende
Achtung vor der Würde der Person, die uns in jedem Menschen begegnet,
viel gewichtiger. Aber dürfen wir unsere Maßstäbe, die sich mit Fug und Recht als
klare Folgerungen der christlichen Konzeption begreifen, zu Forderungen erheben,
an denen wir vergangene Zeiten, auch die Menschen vergangener Zeiten, messen
und dann von heiligen Menschen verlangen, daß sie die Gedanken ihrer Zeit hätten
hinter sich lassen müssen, um ihnen vorauszueilen? In manchen Punkten könnte
dies vielleicht der Fall sein - aber wäre es recht, dies in allem zu verlangen? Fidelis
von Sigmaringen trug sicher keine Bedenken, es als völlig gerechtfertigt anzusehen,
daß er in einem unter einen katholischen Herrscher gelangten Land vor Andersgläubigen
die katholische Lehre predigte, damit sie die Wahrheit erkennen und sich
ihr zuwenden, während ihnen Gottesdienst und Predigt ihrer bisherigen Konfession
untersagt waren. Wir können heute so nicht mehr denken - die von der schweizerischen
Kapuzinerprovinz 1946 zur 200-Jahrfeier der Heiligsprechung herausgebrachte
Festschrift bringt dies auch schon in aller Klarheit zum Ausdruck -, nicht aus
Opportunität, sondern weil wir eindeutig auf dem Standpunkt stehen, daß uns
keine Regierung mehr in die Dinge des Glaubens etwas hineinzureden hat. Keineswegs
dürfen wir dasselbe von einem Manne im beginnenden 17. Jahrhundert verlangen
. Aber in diesen Dingen, in denen er ein Kind seiner Zeit war, ist er uns auch
kein Vorbild.

Was an Fidelis fasziniert, ist die Leichtigkeit, mit der er alle weltlichen Vorteile
einer breiten Ausbildung und die damit gegebenen Möglichkeiten von äußerer Stellung
und ansehnlichem Einkommen aufgegeben hat, um den schlichten Dienst eines

45


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0047