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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0094
Hans Speidel

IV. Die Landtagsverhandlungen

1. Beratung über die provisorische Wahlordnung

Die Wahlordnung, nach der die Deputierten in den ersten Landtag von Hohen-
zollern-Hechingen gewählt wurden, war in § 59 nur als eine „provisorische" bezeichnet
worden und sollte mit den neuen Abgeordneten nochmals beraten werden,
„um sodann gesetzliche Kraft zu erhalten". Daher wandten sich diese zunächst
dieser Aufgabe zu. Dabei - wie auch bei anderen Verhandlungspunkten - kam es
nicht selten zu heftigen Auseinandersetzungen, bei denen auch der anwesende Regierungskommissär
manchen Tadel einstecken mußte. Aber auch unter den Abgeordneten
traten oftmals große Gegensätze zutage, wobei das Verhältnis zwischen der
Stadt und den Landgemeinden, manchmal auch die verschiedenen Auffassungen
zwischen dem oberen und unteren Bezirk, in einigen Fragen auch zwischen den einzelnen
Berufsgruppen eine Rolle spielten. So entstand schon am Nachmittag des
ersten Tages eine lebhafte Diskussion über einen von Pfarrer Diebold50 eingebrachten
Antrag, der bezweckte, der Geistlichkeit das Recht einzuräumen, einen eigenen
Abgeordneten in die Kammer zu entsenden. Dieser Antrag stieß bei mehreren Abgeordneten
auf entschiedene Ablehnung, weil sie einen allzu großen Einfluß der
Geistlichkeit auf den Landtag fürchteten. Ein Abgeordneter (Münch) ging sogar
so weit, zu erklären, solange die Geistlichen von ihren Gütern keine Steuern zahlten,
könne man sie auch nicht als „wahre Bürger" anerkennen. Schließlich glaubte man
aber doch einen Unterschied zwischen „geistlichen Abgeordneten" und „Abgeordneter
der Geistlichkeit" machen zu müssen, und der Abgeordnete Pfarrer Blumen-
stetter sagte, ein Geistlicher habe wie jeder andere Bürger das aktive Wahlrecht,
was ihm wohl niemand abstreiten könne. Damit seien die Geistlichen auch in der
Lage, darauf hinzuwirken, daß einer von ihnen in die Kammer komme, der dann
auch die kirchlichen und geistlichen Sachen vertreten könne. In dem Fall aber sei
ein besonderer Abgeordneter des geistlichen Standes überflüssig. Damit erklärten

Pfarrer Johann Baptist Diebold wurde am 9. April 1807 als Sohn des Kronenwirts Diebold in
Jungingen geboren. Er besuchte zusammen mit Blumenstetter das Gymnasium in Konstanz und
studierte anschließend Theologie in Tübingen. Im Jahre 1830 wurde er zum Priester geweiht
und wurde daraufhin nach Vikarsjahren in Hechingen Pfarrer in Thanheim. Später wurde er in
verschiedene Pfarrstellen eingewiesen, die er zum Teil nicht antrat (Kloster Wald, Einhart,
Fischingen und Mindersdorf). Fast überall überwarf er sich mit der Bevölkerung und wurde auch
in Streitigkeiten mit anderen Geistlichen verwickelt. Er galt als Aufwiegler, wurde in mehrere
Strafverfahren verwickelt und nach dem Einmarsch der preußischen Truppen im Herbst 1849 in
Haft genommen. Vom Königlichen Hofgericht in Sigmaringen wurde er später wegen Aufreizung
zum Aufruhr zu sechs Monaten Festungshaft verurteilt, die er auf der Festung Ehrenbreitstein
verbüßte. Von der Kirchenbehörde wurde er suspendiert. Er starb am 6. Oktober 1885 in Mindersdorf
(vergl. Näheres Personalakten Diebold im Erzbischöflichen Archiv Freiburg und StAS,
neuverz. Akten I 5941).

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