Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0112
Hans Speidel

Söhne und Töchter anderwärts unterzubringen wissen, und diejenigen, die nur ein
oder zwei Kinder haben, finden die alte Herkömmlichkeit sehr bequem und stemmen
sich darum gegen alle Neuerung in dieser Hinsicht; damit ja die Gemeindegüter
und das Gemeindevermögen überhaupt nicht in zu viele Teile zersplittert werden
und die Armen mit ihren vielen Kindern ordentlich arm bleiben, während sich
die Wohlhabenden am Gemeindegut mästen" In gleicher Weise sprachen sich
auch die Abgeordneten Seitz und Dr. Bosch aus, denen auch der Regierungskommissär
beipflichtete. Die beiden anwesenden Vögte Baur und Fecker anerkannten
die Übelstände in den beiden Albgemeinden gleichfalls, meinten aber, „daß das zu
viele Heiraten auch seine Nachteile habe". Die Bürgerzahl in den Gemeinden habe
zum Teil erheblich zugenommen, Gemeindewaldungen und Allmende vermehrten
sich aber nicht. Früher sei der bürgerliche Nutzen eine große Beihilfe gewesen, oft
sogar das Hauptvermögen armer Leute, jetzt aber verkleinere er sich täglich. So
habe vor 50 Jahren ein einziger Bürger dreimal mehr Holz verkaufen und dreimal
mehr Vieh auf die Weide treiben können als jetzt13t. In diesem Zusammenhang
beanstandeten auch mehrere Abgeordnete, daß viele Eheleute die gesetzlich vorgeschriebenen
700 Gulden, die sie bei der Eheschließung nachweisen müßten, nicht
aufbrächten. Die Vögte würden aus Familienverwandtschaft oder anderen Gründen
in weichherziger Verkennung ihrer Amtspflichten hier oft Vermögensangaben bestätigen
, die mit den Tatsachen nicht übereinstimmen würden. Das sei aber zum
Nachteil für die Gemeinden, die bei solchen Ehen wieder zwei Tagelöhner mehr und
außerdem eine Schar von Bettelkindern auf dem Hals hätten. Der Abgeordnete
Kappenmann bemerkte hierzu, wenn man das Aufbringen der 700 Gulden in Bech-
toldsweiler beim Hochzeitmachen genau nehmen würde, könnten dort nur ganz wenige
heiraten. Nicht die 700 Gulden, so sagte Pfarrer Diebold, und Blumenstetter
pflichtete ihm bei, seien bei Eingehung einer Ehe die Hauptsache, sondern daß die
Brautleute gut erzogen seien und einen unbescholtenen Ruf und einen soliden Charakter
hätten. Das aber sollte durch ein Zeugnis nachgewiesen werden, das der
Pfarrer oder ein Kirchenkonvent auszustellen habe, wie das auch in anderen Ländern
üblich sei. Alle aber waren sich darin einig, daß der Antrag der Bürger von
Stetten unter Holstein und Hörschwag volle Unterstützung verdiene . Desto unerklärlicher
ist es, daß das Hofstattrecht in den beiden Gemeinden trotz dieser einhelligen
Auffassung im Landtag und wohl auch in der Bevölkerung des Fürstentums
in Hörschwag erst im Jahre 1844 und in Stetten unter Holstein sogar erst im Jahre
1871 aufgehoben wurde 14°.

c) Petitionen um Einführung von Sittengerichten und Beibehaltung des
Konstanzer Rituals

Auf zwei weitere im Landtag eingereichte Anträge, die sich mit den kirchlichen
Verhältnissen im Fürstentum befaßten, soll im folgenden eingegangen werden: die
von Pfarrer Diebold eingereichte „Motion um Einführung der Sittengerichte oder

M» Verhandl. S. 165.

"8 Verhandl. S. 166.

«9 Verhandl. S. 167-170.

140 Vgl. audi Cramer a. a. O., S. 428-433.

110


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0112