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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0115
Der erste Landtag zu Hohenzollern-Hechingen

Art. XVI der Deutschen Bundesakteia für alle deutschen Bundesstaaten in Aussicht
gestellt, so daß die Juden im Fürstentum Hohenzollern-Hechingen, wie auch
anderwärts, versuchten, sich eine günstigere Rechtsstellung im Lande zu verschaffen.
Damals lebten in der Stadt einschließlich der Friedrichstraße gegen 150 Judenfamilien
, die unter dem „Gnadenschutz" des Fürsten standen. Ihr Einfluß war trotz
ihrer verhältnismäßig kleinen Zahl nicht gering, zumal einige der Familien sehr begütert
waren und der Staatskasse sogar Gelder geliehen hatten u*. Schon früh hatten
sie von den Fürsten Schutzbriefe erhalten, und auch Fürst Hermann hatte ihnen am
30. November 1798 einen solchen ausgestellt. Danach waren die Juden „in bürgerlichen
und peinlichen Sachen" der fürstlichen Kanzlei direkt unterstellt, an die sie
eine Schutzgebühr zu zahlen hatten. Sie waren vielen Beschränkungen unterworfen.
So waren ihnen neben anderem der Ackerbau sowie auch der Zugang zu einem
Gewerbe verboten. Dagegen war ihnen der Handel erlaubt, insbesondere auch der
„Schacherhandel". Darunter verstand man nach dem Sigmaringer Judengesetz von
1837 154 „den Hausier-, den Trödelhandel, das Leihen auf Faustpfänder, die Mäkelei
jeder Artlss und das Viehverstellen". Die Abgeordneten vertraten überwiegend
die Auffassung, daß die Entscheidung über diesen Antrag sehr schwierig
sei, vielleicht die „kitzeligste", die dem Landtag vorliege. Infolge des Gnadenschutzes
vermehrten sich die Juden im Fürstentum mehr als in den Nachbarländern,
und wenn diesem Übel nicht durch geeignete Maßnahmen abgeholfen werde,
würden sie „wie ein Krebsschaden am Staats- oder vielmehr Volkskörper fressen".
„Bei ihrer Vielzahl in dem kleinen Land zwinge sie der Hunger zur Treulosigkeit,
Niederträchtigkeit und zum Betrug", denn „die gedrücktesten Völker seien von
jeher auch die schlechtesten gewesen" Pfarrer Blumenstetter wandte dagegen ein,
die Juden seien Menschen so gut wie alle andern. Sie hätten „die nämlichen Ansprüche
an die Menschheit, die der Christ an sie habe". Niemand habe das Recht,
einen Juden, weil er Jude sei, zu verfolgen. „Wenn einmal der liebe Gott", so fuhr
er fort, „keine Juden mehr will, so wird er schon mit ihnen fertig werden; in jedem
Fall aber hat er uns nicht zu ihren Unterdrückern berufen" 157. Zwar sprach sich
auch Blumenstetter ganz entschieden gegen den Schacherhandel der Juden aus, der
ein Ruin für viele sei. In den Dörfern gehörten in manchen Familien „die Geiß und
die Kuh, der Acker und die Wiese, die Pfanne und der Topf, die Haube und der
Rock dem Juden", und dieser würde auch alle Mittel gebrauchen, „um das ganze
Bäuerlein mit Haus und Feld, Egge und Pflug, Weib und Kind sich zinspflichtig zu
machen". Dieser Handel lasse sich aber nur verbieten, wenn man den Juden andere
Quellen für ihren Lebensunterhalt eröffne. Dann müsse man sie Landwirtschaft und

151 Art. XVI der Deutschen Bundesakte bestimmt im Absatz 2: Die Bundesversammlung wird in
Beratung ziehen, wie auf eine möglichst übereinstimmende Weise die bürgerliche Verbesserung der
Bekenner des jüdischen Glaubens in Deutschland zu bewirken sei und wie insonderheit denselben
der Genuß der bürgerlichen Rechte gegen die Übernahme aller Bürgerpflichten in den Bundesstaaten
verschafft und gesichert werden könne.

155 z. B. die oben erwähnte Familie Kauila.

154 § 22 des Gesetzes vom 3. August 1837, Verordnungs- und Anzeigeblatt des Fürstentums Hohen-
zollern-Sigmaringen 1837, S. 575.

155 Gemeint ist eine Maklertätigkeit.
<*• So Diebold: Verhandl. S. 172.
'S' Verhandl. S. 172.

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