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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0116
Hans Speidel

Gewerbe treiben lassen, denn das verlange die Billigkeit gegen sie158. Gegen diesen
Vorschlag wandten sich aber die meisten anderen Abgeordneten. Wenn man dem
Juden das Redit einräume, nach Belieben Güter zu kaufen und ein Gewerbe zu
treiben, dann sei zu fürchten, daß der größte Teil des Fürstentums in kurzer Zeit
„dem Volk Gottes" gehöre und die Christen seine Sklaven würden m. Am Schluß
dieser sehr lebhaft geführten Aussprache waren alle der Auffassung, daß es nicht
Sache der Landesdeputation, sondern des Fürsten sei, über diese Bittschrift zu entscheiden
. Man beschloß daher, sie der Regierung mit dem Wunsche zu übergeben,
daß „die staatsbürgerlichen Verhältnisse der Juden anders, womöglich besser" gestaltet
würden, daß aber „infolgedessen der Schacherhandel gänzlich ausgetilgt
werde". Die Landesdeputation sehe Vorschlägen der Regierung, wie dieser Zweck
erreicht werden könne, entgegen 1M.

e) Weitere Anträge

Noch eine Reihe weiterer Anträge und Bittschriften lagen dem Landtag zur
Entscheidung vor. So sprachen sich alle Abgeordneten nach kurzer Aussprache für
den Antrag des Vorsitzenden Dr. Koller aus, Schieds- oder Friedensgerichte im
Fürstentum einzuführen. Diese, so wurde ausgeführt, wirkten sehr segensreich, verhinderten
sehr häufig Prozesse und sparten damit den Leuten viel Geld. Dies sei
bei Berücksichtigung der Gerichtsverhältnisse im Lande besonders wichtig, da die
Justizpflege „sehr mangelhaft, langsam und lau sei" 1,1. Eine andere Bittschrift befaßte
sich mit der „bürgerlichen Aufnahme" der unehelichen Kinder in den Gemeinden
ihrer Mütter. Auch hier waren sich alle darin einig, daß es „unedel und
höchst ungerecht" sei, nach alttestamentarischen Grundsätzen die Sünden der Väter
und Mütter an ihren Kindern zu rächen. Eine Verordnung der Regierung müsse in
solchen Fällen bestimmen, daß der Vater eines unehelichen Kindes möglichst schon
nach der Geburt einen Betrag sicherstelle, der die Einbürgerung des Kindes mit
25 Jahren ermögliche. Bringe der Vater die erforderliche Summe nicht auf, so soll
auch die Mutter hierfür herangezogen werden, gegebenenfalls beide zusammen.
Reiche das Vermögen beider nicht aus, so regte Dr. Koller an, solle man sie solange
in den Dienst oder noch besser in eine Strafanstalt schicken, „bis sie sich das Unerläßliche
erworben hätten, und wenn auch 10 Jahre oder noch mehr darüber verstreichen
sollten" m. Und Pfarrer Diebold schlug allen Ernstes vor, die Schuldigen
zu bestrafen: „Die Strohzöpfe, Strohdegen und Bockshörner des früheren und noch
des vorigen Jahrhunderts haben guten Effekt gemacht, und es ist nur zu bedauern,
daß sie ganz außer Kurs gekommen sind, ohne daß etwas Zeitgemäßeres an ihre
Stelle getreten ist" le*. Übereinstimmung bestand aber unter allen darin, daß es nur
die Aufgabe des Landtags sein könne, hier Grundlinien für eine künftige Gleichstellung
der unehelichen Kinder wie auch aller Hintersassen aufzuzeigen, und daß es

188 Verhandl. S. 173.

Verhandl. S. 173.
"» Verhandl. S. 177.
1,1 Verhandl. S. 181.
»«* Verhandl. S. 183.
'« Verhandl. S. 182.

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