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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0127
Besprechungen

Die Entwicklung dieses Sonderrechts mit der Einführung des Erbfolgegrundsatzes, der
Primogenitur in den deutschen Adelsgeschlechtern dauerte unterschiedlich lange. Dies war
vor allem bedingt durch die jeweiligen Eigentumsverhältnisse, die Zahl der Mitglieder des
Hauses, die Mentalität der abzufindenden Abkömmlinge und damit unmittelbar zusammenhängend
durch die Entwicklung eines ausreichenden Versorgungssystems für die nicht zur
Nachfolge gelangenden Mitglieder. Die ersten Hausgesetze dieser Art finden sich bereits
im 15. Jahrhundert (Bayern 1448, 1485), die letzten folgten erst im Jahre 1802 (Sachsen-
Meiningen).

Neben den bereits vorliegenden Darstellungen des Hausrechts einzelner Adelsgeschlechter
bringt Rauh, Archivdirektor des Fürstlich Waldburg-Zeil'schen Gesamtarchivs, mit der
vorliegenden Arbeit anhand des in den waldburgischen Archiven zur Verfügung stehenden
Quellenmaterials einen weiteren Einzelbeitrag zur Entwicklung des Privatfürstenrechts im
südwestdeutschen Raum. Mit ihr beginnt zugleich eine Editionsreihe, die sich „Veröffentlichungen
des Fürstlich Waldburg-Zeil'schen Gesamtarchivs in Schloß Zeil" nennt.

Die Arbeit gliedert sich nach einem Geleitwort Seiner Durchlaucht Georg Fürst von
Waldburg-Zeil und einem Vorwort in fünf Kapitel mit insgesamt 53 Untertiteln. Orts- und
Personenregister, sowie 8 Abbildungen von Urkunden hausrechtlichen Inhalts (Erbverzicht,
Erbeinigung, Primogeniturerbfolgeordnung, Heiratsvertrag) schließen die Darstellung ab.
Leider ist kein zusammenhängendes Verzeichnis der benutzten Quellen und Literatur angefügt
. Noch mehr vermißt man eine Stammtafel, die bei der Vielzahl der verschiedenen
Linien des Hauses Waldburg das Verstehen der erb- und familienrechtlichen Vorgänge gewiß
wesentlich erleichtert hätte. Die einzelnen Kapitel bauen chronologisch aufeinander
auf, wobei jeweils besonders bedeutsame hausrechtliche Vorgänge das neue Kapitel einleiten.
Die durchlaufenden Untertitel orientieren sich (wohl zu) streng an den einzelnen Urkunden
und geben deren hausgeschichtlich und -rechtlich relevanten Inhalt wieder.

Rauh berichtet, daß die ältesten erhaltenen Familienurkunden des Hauses Waldburg
aus dem Ende des 14. Jahrhunderts stammen. Um diese Zeit finden sich auch die ersten
Nachweise für die Einführung des agnatischen Erfolgeprinzips. Im engen Zusammenhang
damit muß die Verzichtsurkunde einer Tochter des Hauses vom 3. Januar 1394 gesehen
werden. Interessant ist, daß für den Abschluß der Erbverzichte keine besondere Formvorschrift
vorgesehen war. Im Gegensatz hierzu mußten die im Hause Zollern geleisteten
Erbverzichte vom Hofgericht in Rottweil beurkundet werden.

Als Ausgleich für den Erbverzicht wird den sich verheiratenden Töchtern ein Heiratsgut
von 2000 bis 4000 Gulden gewährt. In Zollern erhielten die Töchter bei der Eheschließung
im 14. und 15. Jahrhundert in der Regel 2000 Gulden. Ab 1512 wurde eine feste
Summe von 6000 Gulden festgesetzt, die sich die Geschwister teilen mußten.

Im Untertitel 30 werden die güter- und erbrechtlichen Regelungen über Heiratsgut,
Morgengabe und Widerlage aufgezeigt. Hinsichtlich dieser Vermögenswerte haben sich
nahezu alle Häuser an den deutschen Rechtssatz gehalten, daß diese Beträge im Erbgang
ohne Nachkommenschaft dahin zurückfallen müssen, woher sie gekommen waren.

Die Einführung der agnatischen Erbfolge konnte nur der erste Schritt zur Erhaltung
und Sicherung des Hausvermögens sein, da die Gefahr der Zersplitterung und damit
Schwächung des Hauses weiterhin drohte, wenn mehrere Söhne beim Erbfall vorhanden
waren. Rauh zeigt, daß zunächst das väterliche Erbe immer wieder unter den Söhnen aufgeteilt
worden ist, die ihrerseits verschiedene Linien stifteten. So ging das Erbe von Truch-
seß Hans II. an seine Söhne, die Truchsessen Jakob, Eberhard und Georg (Rauh nennt
Georg mitunter mißverständlich auch Jörg, etwa S. 27), über. Diese begründen durch die
Erbteilung vom 12. August 1429 die jakobinische oder trauchburgische, die eberhardinische
oder gräflich sonnenbergische und die georginische Linie. In einer einen Monat später
zwischen den drei Brüdern abgeschlossenen Erbeinigung wird festgelegt, daß beim Aussterben
einer Linie im Mannesstamm der Besitz dieser Linie auf die beiden anderen Linien
übergehen soll.

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