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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0129
Besprechungen

Werner Fleischhauer: Renaissance im Herzogtum Württemberg. Stuttgart: W. Kohlhammer
1971, 484 S. und 241 Abb.

Nach seinem bereits 1958 erschienenen Werk „Barock im Herzogtum Württemberg" hat
sich Werner Fleischhauer sogleich der Erforschung der Renaissance im gleichen Raum zugewandt
. Als Frucht seiner jahrelangen Forschungen konnte nunmehr ein ebenso stattlicher
Band über die Renaissance im Herzogtum Württemberg von der Kommission für geschichtliche
Landeskunde in Baden-Württemberg veröffentlicht werden.

In seinem Buch weist Fleischhauer nach, daß die bedeutenderen Bauwerke, Kunstwerke
und Arbeiten des Kunsthandwerks fast durchweg im Auftrag der Herzöge entstanden sind.
Wohl am meisten dürfte das erarbeitete Resümee des Verfassers überraschen: Im 16. Jahrhundert
wurde unter den Herzögen Ulrich, Christoph, Ludwig und Friedrich mehr gebaut
als unter den großen Bauherren der Barockzeit Eberhard Ludwig und Carl Eugen. Fleischhauer
teilt den von ihm behandelten Zeitraum in zwei Epochen ein. Die erste umfaßt die
Zeit der Herzöge Ulrich, Christoph und Ludwig (1534—1593), die zweite die der Herzöge
Friedrich und Johann Friedrich und die Jahre bis zur Katastrophe von Nördlingen im Jahre
1634. Herzog Ulrich, der nach der Rückkehr aus dem Exil (1534) sein Land gegen feindliche
Angriffe sichern mußte, befestigte zunächst dessen Grenzen. Hohentübingen und Hellenstein
(in Heidenheim an der Brenz) sind bis heute ziemlich gut erhalten geblieben, Hohenurach,
Hohenneuffen und der Hohentwiel dagegen nur noch als Ruinen. Gleichzeitig plante und
baute Herzog Ulrich Burgen und Schlösser, in Schorndorf, Kirchheim/Teck, Böblingen und
Nürtingen, ohne seine Residenz in Stuttgart, das Alte Schloß, zu vergessen. Als typisch für
die württembergische Renaissance gilt die Rechteckanlage seiner Bauten in Verbindung mit
Ecktürmen. Sein Nachfolger, Herzog Christoph, vollendete die Bauten und schloß den Verteidigungsring
durch die Burgen Kaltenstein und Grafeneck. Die Unterschiede in den Bauepochen
der Herzöge Ulrich und Christoph hat Fleischhauer hervorgehoben.

Da die Residenz Stuttgart zu einem Sammelpunkt des Adels geworden war, spielte die
Repräsentation bei Herzog Christoph eine gewichtigere Rolle. Der Aufbau des Alten
Schlosses, seine Erweiterung und Verschönerung mit dem Arkadenhof und die Lusthäuser
mit Gartenanlagen und Tiergärten dienten diesem Zweck. In der unter Herzog Christoph
erbauten Schloßkirche wird für den evangelischen Predigtgottesdienst die Stellung der
Kanzel betont und der Altar an die Langseite gerückt. Die Oberleitung bei den Bauarbeiten
hatte der Schwabe Aberlin Tretsch. Ihm zur Seite standen die drei Berwarts und andere.

Unter Herzog Ludwig (1568—1592) erbaute Georg Beer das Große Lusthaus in Stuttgart
. Es wurde von den Zeitgenossen ein „irdisches Paradies" genannt. Durch die reiche
Ausstattung mit Malerei, Bildwerken und Ornamentierung fanden die verschiedensten
Künstler und Kunsthandwerker neue Aufträge, die die Kunst im Lande wieder zu neuer
Blüte brachten.

Heinrich Schickhardt war der führende und zugleich berühmteste Baumeister Herzog
Friedrichs. Sein Stil und seine Leistungen werden in dem Werk über die Renaissance besonders
herausgestellt. Als Schwabe blieb er bei den geschlossenen, den einfachen Baukörper
betonenden Formen seines Vorgängers Aberlin Tretsch. Auf den Reisen mit Herzog Friedrich
nach Italien lernte Schickhardt die Bauten Palladios kennen, dessen Architektur er
aber meist, wie z. B. bei St. Martin in Mömpelgard, nur zur Fassadengliederung verwandte.
Die fortschreitende Entwicklung in seinen Bauten, vom Rathaus in Eßlingen zum Neuen
Bau und Gesandtenhaus in Stuttgart, weist — wie bei der Kirche in Freudenstadt — immer
wieder gotisierende Formen auf.

Herzog Friedrich setzte sich über die Vorschriften für den evangelisch-württembergischen
Kirchenraum, die Bilder und Bildwerke ablehnten, hinweg. Der Stukkator Gerhard
Schmidt, der Herzog Friedrich durch seine Arbeiten an hohenlohischen Schlössern bekannt
war, mußte die Schloßkirche in Hellenstein und die Kirche in Freudenstadt mit reichem
Ornament und Relieftafeln an der Emporenbrüstung schmücken. Die Kirche in Freudenstadt
wurde außerdem durch den Maler Jakob Züberlin außerordentlich reich ausgemalt.

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