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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1971-72/0135
Besprechungen

messene (d. h. genau festgelegte) und ungemessene Fronen hinzu, die aber nicht extensiv
ausgenutzt wurden; Eigenwirtschaft wurde nur in geringem Umfang getrieben; seine Na-
turalüberschüsse setzte das Kloster, sofern notwendig, über seine Pfleghöfe in Pfullendorf
(verkauft 1682) und Überlingen ab. Bedeutender Wirtschaftsfaktor des Klosters waren seine
Weinberge, die allerdings aufgrund ihrer Witterungsabhängigkeit recht unterschiedliche
Erträge und Kosten mit sich brachten. Eine Gewinn-Verlust-Rechnung hatte das Kloster
nicht geführt, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann man, auch die Fruchteinnahmen
, die bisher gesondert verbucht wurden, zu Geld zu berechnen. Die Einnahmen
waren meist höher als die Ausgaben. Verkauft wurde nur soviel, wie Bedarf an Bargeld
bestand. Einen genaueren Oberblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse brachte eine
vorderöstereichische Kommission 1785 (Wald war 1768 in Vorderösterreich landsässig geworden
). Als Jahreseinkommen werden zwischen 22 000 und 26 000 fl genannt; ihnen
stehen Ausgaben gegenüber in Höhe von 10 000 fl bis 19 000 fl, davon bis zu 35 °/o Lohnkosten
. Der Überschuß bestand, wie erwähnt, überwiegend in Naturalien. Entsprechende
Verhältnisse waren früher schon für benachbarte Klöster ermittelt worden; so für Rottenmünster
(Einkommen zwischen 22 000 fl und 33 000 fl), Habsthal (Einkommen 1803:
12 356 fl, Ausgaben 1803: 11 982 fl); eine reiche Zisterzienserabtei wie Ebrach im Steigerwald
hatte dagegen Einnahmen von jährlich rund 150 000 fl.

Die beschriebene Vorherrschaft und Allgegenwart des Klosters in seinem Territorium
hatte eine Vereinheitlichung der Untertanenschaft zur Folge bei im ganzen überall gleichen
Wirtschaftsbedingungen. Die Schwächen dieses einseitig landwirtschaftlich strukturierten
sozialen Systems zeigten sich in dem Augenblick, als der zur Verfügung stehende Boden
nicht mehr den Bevölkerungsanstieg verkraften konnte. Der zwar langsam, aber stetig
wachsende Druck konnte, da das Kloster Hofteilungen fast nie gestattete (erst gegen Ende
des 18. Jahrhunderts häufiger), nur durch Erweiterung der landwirtschaftlichen Nutzfläche
aufgefangen werden. Die dabei entstandenen Söldnergüter waren aber durchweg nicht in
der Lage, den Lehenmann zu ernähren; dem Ausweichen in handwerkliche Berufe waren
bald Grenzen gesetzt, und wegen der geringen Eigenwirtschaft war auch das Kloster nicht
in der Lage, viele Arbeitskräfte zu beschäftigen. So verwundert es nicht weiter, daß die
Bevölkerung allmählich verschuldete, insbesondere aber in den Kriegen des ausgehenden
18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts. Beim Übergang an das Fürstentum Hohen-
zollern-Sigmaringen 1806 beliefen sich die Schulden des Klosters auf 48 291 fl, die der
Untertanenschaft auf 111 525 fl.

Wie in der Grundherrschaft und der Wirtschaftsführung, so verstärkte das Kloster
auch in der Rechtssprechung die zentralen Instanzen. Zunächst verloren die Ortsgerichte
ihre Zuständigkeiten an das Hof- oder Obergericht in Wald, wobei die Äbtissin Appellationsinstanz
war; das Obergericht Wald wiederum wurde im 18. Jahrhundert immer mehr
von den Verhörs- und Amtstagen der Äbtissin in der Kanzlei des Klosters abgelöst. Auf
Drängen der Untertanenschaft wurden 1772 wieder Ortsgerichte eingesetzt. Die Hochgerichtsbarkeit
verblieb stets beim Grafen von Sigmaringen; über die Zuweisung einer Klage
an das Hochgericht entschied der waldische Oberamtmann nach einer Voruntersuchung. Die
dabei immer wieder auftretenden Streitigkeiten wurden in einem Vertrag 1692 zwischen
dem Kloster und dem Grafen abgeklärt, in dem Zuständigkeiten, Verfahrensweisen und der
Immunitätsbezirk des Klosters geregelt wurden.

Neben dem zur Beschreibung von sozialen Strukturen hier ausgebreiteten Material
empfand der Rezensent die Darstellung der Funktion der Verwaltungsbeamten als besonders
begrüßenswert. Hier ist endlich einmal genaue Auskunft zu erhalten über die
Verwaltungsstruktur eines kleineren Klosters, über Aufgaben und Kompetenzverteilung in
einem „durchschnittlichen Kloster", das mithalf, „das Gesicht der Landschaft zwischen
Donau und Bodensee zu prägen" (S. 21) und somit das Leben zahlreicher Menschen ausschließlich
oder weitgehend bestimmte. Der Amtsapparat blieb klein und wenig fest organisiert
, Aufstiegsmöglichkeiten waren nicht bekannt. Zentrale Instanz des Klosters war die
Kanzlei mit meist drei Beamten: dem Oberamtmann, dem Kanzleirat und dem Oberamts-

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