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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1973/0153
Zur Gammertinger Kunstgeschichte

Ihre Ärmdien freilich würde man sich ein wenig draller wünschen. Die kleinen
Engelsköpfe über den Kapitellen, an den Säulenpostamenten und unter den seitlichen
Konsolen sind aufgrund der gekonnten Modellierung sicher vom Bildhauer
selbst geschaffen, während der größere geflügelte Engelskopf über Wolkenballen
in der Mitte des Gesimses wesentlich gröbere Züge aufweist und deshalb wohl
ebenso von einem Gesellen stammt wie der dem Betrachter entferntere St. Michael
mit der Seelenwaage, dessen Schwächen sogleich ins Auge fallen. Panzer und
Gewandung sind nur wenig durchgebildet, die Arme und das rechte Bein wirken
unproportioniert. Das hochrechteckige Altargemälde in einem mit Akanthusblatt-
werk besetzten und von Perlstäben umgebenen Rahmen, an dem oben ein flacher
Bogen angesetzt ist, stellt den Kampf des Erzengels Michael mit Luzifer und
seinem Anhang dar. Es zeigt in der oberen Bildhälfte St. Michael in eng anliegendem
Panzerhemd und im Wind flatterndem Mantel, der nur von einem schmalen
Band festgehalten wird. Auf dem Haupt trägt er einen Helm mit wehendem
Busch, in der Rechten hält er einen Rundschild, mit der hocherhobenen Linken
schleudert er Blitze auf den in der unteren Bildhälfte schwebenden Luzifer. Im
Gegensatz zu der heeren Gestalt des heiligen Michael wirkt Luzifer muskulös, das
Gesicht wutverzerrt, die Augen starr, an den Händen spitze Krallen. Hinter ihm
sein Anhang: Engel, die in alle Richtungen stürzen.

Der Maler des Bildes, der ebenfalls in Biberach zu suchen ist, ließ sich leider
nicht feststellen. Es könnte der aus Munderkingen stammende und seit 1651 in
Biberach ansässige Peter Abt gewesen sein 2*.

Im Langhaus der Kapelle befinden sich noch zwei weitere Figuren: St. Wendelin
und St. Crispinus. Beide stimmen in der Verarbeitung bis ins Detail mit den
Statuen von St. Joachim und St. Anna überein, so daß nur Kutzberger als Künstler
in Frage kommt. Sie dürften um 1675, also kurz nach dem St. Michaelsaltar
entstanden sein. Der als Bauern- und Viehheiliger verehrte St. Wendelin 24 steht
an der Südwand auf einer Konsole, zu seinen Füßen eine seinem Schutze anvertraute
Kuh. Er trägt als Hirt und Pilger einen knöchellangen Rock mit breitem,
muschelbesetztem Kragen. In der seitlich ausgestreckten Linken hält er den Hirtenstab
und in der Rechten eine Palme, die aber zum heiligen Crispinus gehört haben
muß. Den Mantel hat er um die linke Schulter geworfen und wie St. Joachim
unter dem rechten Arm nach vorn gezogen, so daß an der Hüfte ein breiter Wulst
entsteht. Ein Zipfel ist links im Gürtel festgesteckt. Auf der linken Seite in Hüfthöhe
trägt er eine Reisetasche an einem Riemen über der rechten Schulter. Den
Kopf bedeckt ein breitkrempiger Hut, dahinter ist ein Strahlenkranz zu sehen.
Die Füße stecken in hohen Lederstiefeln.

Darstellungen des heiligen Crispinus *4, der 287 unter Diokletian den Marty-
rertod erlitten haben soll und dessen Gebeine nach Soissons in Frankreich überführt
worden sind, begegnet man in unserem Gebiet sehr selten. Er gilt als Patron der
Schuhmacher, Sattler und Gerber. Der Schuh in seiner linken Hand deutet darauf
hin. Auffallend ist vor allem sein edles Gesicht, das von reichem bis zu den
Schultern herabfallendem Haar und gedrehten Bartlocken umrahmt wird. Die
Gewandung entspricht der von St. Joachim und St. Wendelin fast vollkommen,

18 s. Anm. 14: Inventar Oberamt Biberach 25.

** Vermutlich aus Lindenholz, vollrund, neuere Fassung. 119 x 48 x 27 cm (die Kuh ist 24 cm hoch).
u Vermutlich aus Lindenholz, vollrund, hinten abgeflacht, neuere Fassung. 111x50x27 cm.

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