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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1973/0182
Neues Schrifttum

Kemptener Kalendar nachzutragen, das zum 25. Februar „Walpurga virg[o]" bringt (vgl.
Hermann Tüchle: Das Kalendar von Kempten. In: StuMittOSB 81 (1970) 10). Von Interesse
dürfte auch sein, daß sich in Scheer heute noch ein Brustreliquiar des hl. Wunibald befindet
, das aus dem Kloster Heidenheim, dem Zentrum der Walpurgisverehrung, stammt.
Es enthält Darstellungen und Inschriften des gesamten angelsächsischen Heiligenkreises
(Sola, Bonifazius, Willibald, Walpurgis, Wunibald und Richard). Das Reliquiar selbst gelangte
1606 durch eine Schenkung der brandenburgischen Markgrafen in den Besitz
Christophs von Waldburg (vgl. Klaus Autbert Maier: Die Inschriften des Landkreises Saul-
gau. Tüb. Diss. 1970, 25 f.).

Tübingen Klaus Schreiner

Werner Pols: Deutsche Sozialgeschichte. Dokumente und Skizzen. Bd. 1: 1815-1870.
München: Beck. 1973. 398 S.

Das anzuzeigende Buch bietet keine sozioökonomischen Daten für statistisch-quantitativ
arbeitende Sozialhistoriker, sondern gibt sich als Sammlung literarischer Texte, die
den sozialen und wirtschaftlichen „Alltag einer vergangenen Zeit" (S.VII) kenntlich und
erfahrbar machen sollen. Dem Autor geht es um Anschauung, nicht um Analyse. Zu diesem
Zweck hat er Memoiren, Reiseaufzeichnungen und Tagebücher exzerpiert, in denen Zeitgenossen
des 19. Jahrhunderts zu sozialen Problemen ihrer Zeit Stellung nehmen. Die erarbeiteten
„Dokumente und Skizzen" beschreiben und erschließen ein breites Spektrum
ständischer Leitbilder, gesellschaftlicher Verhaltensweisen und elementarer Existenzbedingungen
.

Die zusammengetragenen Zeit- und Zustandsschilderungen sind zwar kein Ausbund
an historischer Objektivität; aus der subjektiven Prägung der Texte, welche die Genauigkeit
des Tatsächlichen mitunter verwischt und verdeckt, bedingt sich jedoch ein hohes Maß
an Spontaneität und Anschaulichkeit. Die von Pols getroffene Textauswahl ist jedenfalls
alles andere als langweilig. Was sie an sozialen Tatbeständen einer vergangenen und immer
noch gegenwärtigen Zeit in den Blick bringt, ist von eindrucksvoller Unmittelbarkeit und
Aktualität.

Die Stärke des Buches markiert zugleich auch seine Grenze. In schriftlich fixierten
Denkwürdigkeiten großer und kleiner Männer dominiert das persönliche Interesse, das
Selbstgetane und Selbsterfahrene. Literatur ist aber keine indifferente Bestandsaufnahme
historischer Abläufe und Verhältnisse, sondern der gedankliche Niederschlag standortgebundener
Autoren. Gegen die Gefahr einseitiger Parteilichkeit schützt jedoch die Tatsache,
daß im 19. Jahrhundert nicht nur die großen politischen Hauptakteure zur Feder griffen,
sondern auch Handwerksburschen und Handwerksmeister, Arbeiter, Industrielle, Künstler,
Schriftsteller, Beamte, Offiziere, Gelehrte, Ärzte und Pfarrer, die ihre gesellschaftlichen
Erfahrungen, Bedenken und Proteste zu Papier brachten. Der sichtende und auswählende
Redaktor hat denn auch den Pluralismus an divergierenden Standpunkten und Sehweisen
angemessen und wohlproportioniert wiedergegeben.

Die ausgewählten Texte werden nach drei leitenden Gesichtspunkten geordnet. Kapitel
eins, das über die Hälfte des Buches ausmacht (S. 7 bis 207), handelt „Von Menschen und
Dingen". Unter dem weitmaschigen Titel werden zwar interessante, mitunter aber reichlich
heterogene Sachverhalte zur Sprache gebracht (u. a. Fragen der Haus- und Straßenbeleuchtung
, Probleme der Heil- und Arzneikunst, Wohnhygiene, Ehe-, Tod- und Begräbnisriten,
gesellschaftliche Schichtungsmodelle, Zensur- und Pressefreiheit). Das weit geschlossenere
Kapitel zwei illustriert die industrielle, handwerkliche und landwirtschaftliche „Arbeitswelt
" des 19. Jahrhunderts und die damit zusammenhängenden „sozialen Probleme"
(S. 209-349). Kapitel drei bringt Texte über „Verkehr und Transport" (S. 340-386).
Den drei Einzelkapiteln werden jeweils knappe (fast allzu knappe) Einführungen vorausgeschickt
.

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